Möglicher Verstoß gegen Dienstleistungsfreiheit: BGH hält "Uber Black" für wett­be­werbs­widrig

von Prof. Dr. Urs Kramer

19.05.2017

2/2: Mögliches Eingreifen der europäischen Dienstleistungsfreiheit

Allerdings hält der BGH es für fraglich, ob dieses Ergebnis mit dem europäischen Unionsrecht in Einklang steht. Da es sich bei Uber um ein niederländisches Unternehmen handelt, steht ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit im Raum. Diese würde allerdings nur dann Anwendung finden, wenn sich die Vermittlungstätigkeit von Uber im Rahmen der App "Uber Black" nicht als Verkehrsdienstleistung darstellt, da solche ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser Grundfreiheit ausgenommen sind. Selbst, wenn die Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich eingreifen würde, käme zudem – letztlich mit denselben Argumenten wie im Rahmen der Berufsfreiheit des Grundgesetzes – noch eine Rechtfertigung des Eingriffes aus Gründen der öffentlichen Ordnung nach Art. 16 Abs. 3 der Dienstleistungsrichtlinie in Betracht.

Während die Gerichte der unteren Instanzen diese Frage noch selbst (zu Ungunsten der Dienstleistungsfreiheit) entscheiden durften, war der BGH als letztinstanzliches Gericht nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nunmehr zur Vorlage an den EuGH verpflichtet. Der BGH äußert sich im Rahmen seines Vorlagebeschlusses zugleich auch zu dem bereits beim EuGH anhängigen Vorabentscheidungsersuchen des Handelsgerichts Barcelona zu "Uber Pop", in dem Generalanwalt Szpunar am 11. Mai 2017 seine Schlussanträge vorgelegt und ebenfalls eine Verkehrsdienstleistung bejaht hat. Der BGH hält beide Sachverhalte – wohl insbesondere auf Grund der unterschiedlichen Ausgestaltung der zu Grunde liegenden Angebote – für so verschieden, dass er sich gleichwohl zu einer eigenen Vorlage gedrängt sah.

Gleichbehandlung von "Uber Black" & Pop?

Legt man die überzeugende Einschätzung des Generalanwaltes in dem spanischen Vorabentscheidungsverfahren an diesen Fall an, so ist es durchaus wahrscheinlich, dass der EuGH (auch) für "Uber Black" die Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit verneinen wird. Zwar ist dem BGH zuzugeben, dass sich die Tätigkeit von Uber im Rahmen von "Uber Black" in größerem Maß als bei "Uber Pop" auf eine bloße Vermittlerrolle beschränkt. Dennoch nimmt Uber auch hier durch die Zuweisung der Aufträge und die Abwicklung des Zahlungsverkehrs noch derart entscheidenden Einfluss auf die Beförderungsleistung, dass sich das Unternehmen nicht als reiner "Informations-Dienstleister" darstellt.

Sollte der EuGH zu diesem Ergebnis finden, wäre Uber in Deutschland allein dem nationalen Verkehrsgewerberecht unterworfen. Durch den vom BGH bereits festgestellten Verstoß gegen § 49 Abs. 4 S. 2 PBefG wäre die Unvereinbarkeit des Uber-Geschäftsmodells mit dem Personenbeförderungsrecht dann auch höchstrichterlich bestätigt.

Wie viel Schutz benötigt das Taxigewerbe?

Nicht übersehen werden darf allerdings, dass auch die vom BGH im Anschluss an das BVerfG angenommene verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Einschränkungen für den Mietwagenverkehr nicht derart eindeutig ist, wie sie zunächst erscheinen mag. Insbesondere angesichts der parallelen Situation im Fernverkehr, wo der vorherige Primat der Eisenbahn zum 1. Januar 2013 weitreichend zu Gunsten des Busverkehrs aufgegeben wurde, darf man durchaus bezweifeln, ob der Schutz des Taxenverkehrs tatsächlich einen derart tiefgreifenden Eingriff in die Berufsfreiheit zu tragen vermag.

Uber selbst hat indes bereits umfassend auf die bisherigen Gerichtsentscheidungen reagiert. In Berlin bietet es neben dem Dienst "Uber Taxi", der im Wesentlichen einer elektronischen Taxizentrale entspricht, nur noch das Angebot "Uber X" an, mit dem es Aufträge an einen ortsansässigen Mietwagenunternehmer vermittelt. In München ist dagegen nach wie vor auch die App "Uber Black" verfügbar, deren Ausgestaltung jedoch offenbar ebenfalls an die Vorgaben des PBefG angepasst wurde. Das ursprüngliche Geschäftsmodell des Unternehmens, das in zahlreichen anderen Ländern nach wie vor floriert, ist damit bereits nach kurzer Zeit wieder vollständig vom deutschen Markt verschwunden. Es bleibt abzuwarten, ob sich das Personenbeförderungsrecht vergleichbaren neuen Entwicklungen dauerhaft verschließen kann.

Der Autor Prof. Dr. Urs Kramer ist Inhaber der Lehrprofessur für Öffentliches Recht und Sprecher des Institutes für Rechtsdidaktik der Universität Passau. Er ist Autor diverser Veröffentlichungen zum Transport- und Personenverkehrsrecht.

Zitiervorschlag

Urs Kramer, Möglicher Verstoß gegen Dienstleistungsfreiheit: . In: Legal Tribune Online, 19.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22980 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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