Nach der Auffassung des BGH ist die Smartphone-App "Uber Black" mit dem Personenbeförderungsrecht unvereinbar. Noch offen ist jedoch, ob dieses Ergebnis auch im Einklang mit dem europäischen Unionsrecht steht.
Nach dem Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Donnerstag (Az. I ZR 3/16) verstößt die unmittelbare Weiterleitung von Beförderungsaufträgen an Mietwagenfahrer durch die App "Uber Black" gegen die Anforderungen des Personenbeförderungsgesetzes. Unklar ist allerdings, ob die europäische Dienstleistungsfreiheit der betreffenden deutschen Regelung entgegensteht. Hierbei kommt es entscheidend auf die Frage an, ob Uber selbst eine Verkehrsdienstleistung anbietet, die vom Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ausgenommen ist. Damit hat sich nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) auseinanderzusetzen.
Die Entscheidung des BGH bezieht sich allerdings auf ein Geschäftsmodell, das Uber in der betreffenden Form derzeit gar nicht mehr zur Verfügung stellt.
Die Ausgangslage: Der Dienst "Uber Black"
Uber ist ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden, das in einigen deutschen Städten, unter anderem in Berlin, eine elektronische Plattform zur Fahrtenvermittlung anbietet. Die App war ursprünglich dazu konzipiert, um bei dem Dienst angemeldete Fahrgäste und (private) Fahrer zusammenzubringen und ihnen einen dem klassischen Taxenverkehr vergleichbaren Leistungsaustausch zu ermöglichen. Nimmt ein Fahrer einen ihm übermittelten Auftrag an, begibt er sich zum von der App erkannten Standort des Fahrgastes und befördert diesen sodann zum zuvor festgelegten Ziel. Die Preisgestaltung und die bargeldlose Abwicklung der Bezahlung der Fahrt mittels in die App eingegebener Kreditkartendaten übernimmt Uber.
Der verfahrensgegenständliche Dienst "Uber Black" stellt dabei das "Premium-Angebot" des Unternehmens dar. Es unterscheidet sich insoweit von der preislich günstigeren, in Deutschland aber ebenfalls nicht mehr angebotenen Alternative "Uber Pop", als die Beförderung hier nicht durch Privatleute, sondern durch konzessionierte Mietwagenfahrer – dem Namen der App entsprechend bevorzugt mit schwarzen Limousinen – erfolgt. Gleichwohl ermöglichte es auch die vom BGH zu beurteilende Version von "Uber Black" dem Fahrgast, unmittelbar einen in der Nähe befindlichen verfügbaren Fahrer anzufordern. Ging bei Uber ein Beförderungswunsch ein, wurde dieser automatisiert sowohl über die App an den entsprechenden Fahrer als auch per E-Mail an den verantwortlichen Mietwagenunternehmer weitergeleitet.
Die zentrale Frage: Vereinbarkeit mit dem Personenbeförderungsrecht?
Seit dem Jahr 2014 – und damit bereits kurz nach dem Start des Angebotes in Deutschland – war Uber Partei zahlreicher Rechtsstreitigkeiten vor den Zivil- und den Verwaltungsgerichten. Die zentrale Streitfrage war jeweils, ob Uber an das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) gebunden ist und, falls ja, ob die verschiedenen Smartphone-Apps des Unternehmens mit den Vorgaben des PBefG in Einklang stehen. In diesem Zusammenhang hatten sich die Gerichte zugleich damit auseinanderzusetzen, ob die einschlägigen Regelungen des deutschen Rechts auch mit dem europäischen Unionsrecht, namentlich der Dienstleistungsfreiheit, vereinbar sind. Die bisherigen Entscheidungen gingen dabei ganz überwiegend zum Nachteil von Uber und führten zu einem Verbot einzelner oder aller Uber-Dienste in mehreren deutschen Städten.
Im vorliegenden Fall hatte ein Berliner Taxiunternehmer im Jahr 2014 Uber vor dem Landgericht (LG) Berlin auf Unterlassung des Einsatzes der App "Uber Black" in Anspruch genommen, da er in dem Angebot eine unzulässige Geschäftspraktik sah. Das Landgericht gab der Klage mit Urteil vom 9. Februar 2015 statt (Az.: 101 O 125/14). Gegen das ebenfalls im Sinne des Klägers lautende Berufungsurteil des Kammergerichts (KG) Berlin vom 11. Dezember 2015 legte Uber sodann Revision zum BGH ein (Az.: 5 U 31/15).
Das Wettbewerbsrecht als Bindeglied
Dass der BGH überhaupt über Fragen des öffentlich-rechtlichen Verkehrsgewerberechts entscheidet, folgt aus dem Wettbewerbsrecht. Nach §§ 3 Abs. 1, 3a (§ 4 Nr. 11 a. F.) des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) liegt unter anderem dann eine unlautere geschäftliche Handlung vor, wenn ein Unternehmen gegen eine Vorschrift verstößt, die im Interesse der Marktteilnehmer das Verhalten im Markt zu regeln bestimmt ist. Gegen eine solche unzulässige geschäftliche Handlung steht jedem Mitbewerber – also auch dem klagenden Berliner Taxiunternehmer – nach § 8 Abs. 1 UWG bei Wiederholungsgefahr ein Unterlassungsanspruch zu. Dieser fällt in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Regelungen des Marktverhaltens i. S. des § 3a UWG stellen dabei auch die Vorgaben des Personenbeförderungsrechts dar, die bestimmte Anforderungen an die Ausgestaltung des Mietwagenverkehrs im Vergleich zum besonders geschützten Taxenverkehr aufstellen. So dürfen Mietwagen nach § 49 Abs. 4 S. 2 PBefG insbesondere nur Beförderungsaufträge ausführen, die am Betriebssitz des Unternehmers eingegangen sind. Nur Taxen ist es gestattet, Fahraufträge unmittelbar anzunehmen.
Verstoß von "Uber Black" gegen das Personenbeförderungsrecht
Gegen dieses Verbot des unmittelbaren Einganges von Aufträgen beim Mietwagenfahrer verstößt das Angebot "Uber Black" nach Ansicht des BGH in der der Entscheidung zugrunde liegenden Ausgestaltung, da ein eingehender Beförderungswunsch über den Server von Uber automatisch an denjenigen freien Fahrer weitergeleitet wird, der den Fahrgast am zügigsten erreichen kann. Dabei ist es nach der überzeugenden Auffassung des BGH unerheblich, dass die Beauftragung des Fahrers nicht durch den Fahrgast selbst, sondern erst durch Uber erfolgt. Ebenso werde ein Verstoß gegen das PBefG nicht dadurch ausgeräumt, dass zeitgleich mit dem Fahrer auch der diesen beschäftigende Mietwagenunternehmer über den Auftrag informiert wird.
Diese Einschränkungen für den Mietwagenverkehr seien verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Eingriff in die Berufsfreiheit von Uber sowie der Mietwagenunternehmer sei als bloße Berufsausübungsregelung durch den Schutz der Funktionsfähigkeit des Taxenverkehrs gerechtfertigt. Der BGH folgt damit insoweit dem BVerfG, das bereits 1989 mit dieser Begründung eine Grundrechtsverletzung verneint hat.
Die in der Rechtsprechung bislang höchst umstrittene Frage, ob Uber selbst Unternehmer i. S. des PBefG und damit unmittelbar an die Vorgaben des Gesetzes gebunden ist, lässt der BGH dahinstehen. Jedenfalls hafte Uber als Teilnehmer für die durch die Smartphone-App geförderten Wettbewerbsverstöße der diese nutzenden Mietwagenunternehmer und ihrer Fahrer.
Urs Kramer, Möglicher Verstoß gegen Dienstleistungsfreiheit: . In: Legal Tribune Online, 19.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22980 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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