2/2: BAG: Drohung mit Kündigung widerrechtlich?
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am Donnerstag die der Klage voll stattgebende zweitinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm zurückverwiesen.
Die Erfurter Richter stellen fest, dass ein Klageverzicht in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Aufhebungsvertrag als Nebenabrede einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegt. Dieser Klageverzicht nehme dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, den Vertrag rechtlich durchsetzbar anzugreifen. Das, so die Erfurter Richter, wäre mit dem gesetzlichen Leitbild nur dann zu vereinbaren, wenn die Drohung mit der außerordentlichen Kündigung nicht widerrechtlich war.
Ein formularmäßiger Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag, der zur Vermeidung einer vom Arbeitgeber angedrohten außerordentlichen Kündigung geschlossen wird, benachteilige den Arbeitnehmer dann unangemessen im Sinne des § 307 Absatz 1, Absatz 2, Nr. 1 BGB, wenn ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte (BAG, Urt. v. 12.03.2015, Az. 6 AZR 82/14).
Klageverzicht unwirksam, wenn Aufhebungsvertrag anfechtbar
Es bleiben die Urteilsgründe abzuwarten. Das BAG scheint sich aber bei der Angemessenheitsprüfung an den Grundsätzen zu orientieren, die für die generelle Anfechtbarkeit von Aufhebungsverträgen entwickelt wurden, die unter Androhung einer Kündigung abgeschlossen wurden.
Diese Wertung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts ist überzeugender als die zweitinstanzliche. Die Entscheidung des LAG Hamm, das den Klageverzicht ohne Kompensation durch den Arbeitgeber für unwirksam und die Klage des Arbeitnehmers im Ergebnis für begründet hielt (Urt. v. 07.11.2013, Az. 16 Sa 879/13), scheint von dem gewünschten Ergebnis getragen. Der Verweis des LAG auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für den Klageverzicht nach Ausspruch der Kündigung überzeugt nicht.
Ob ein Arbeitgeber, welcher einem Mitarbeiter fristlos kündigen könnte, ihm aber stattdessen ein Aufhebungsangebot unterbreitet, verpflichtet ist, im Aufhebungsvertrag Kompensationen für den Arbeitnehmer zu regeln, darf man zumindest anzweifeln.
Wie schwer wiegen zwei 'heiße Tassen'?
Anfechtbar soll ein Aufhebungsvertrag sein, wenn die Androhung der Kündigung widerrechtlich im Sinne des § 123 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) war. Das wiederum soll nur dann der Fall sein, wenn ein Arbeitgeber eine Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte und unter verständiger Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, die angedrohte Kündigung werde im Falle ihres Ausspruchs einer arbeitsgerichtlichen Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten.
War die Androhung der Kündigung widerrechtlich, dann hilft dem Arbeitgeber auch eine Klageverzichtsklausel nicht weiter. Durfte ein verständiger Arbeitgeber hingegen eine Kündigung in Betracht ziehen, so sollte auch eine Klageverzichtsklausel zulässig sein.
Insofern trifft es den Punkt, wenn das BAG feststellt, dass die Klageverzichtsklausel das Schicksal des Aufhebungsvertrags teilt. Ob der Verzehr zweier heisser Tassen im Gesamtwert von circa 2,- EUR so schwer wiegt, dass ein verständiger Arbeitgeber den sofortigen Ausspruch einer fristlosen Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen durfte, wird nun das LAG zu entscheiden haben.
Der Autor Sascha B. Greier ist als Rechtsanwalt im Bereich des Arbeitsrechts, gewerblichen Rechtsschutzes und Medienrecht in Köln tätig.
BAG hält Aufhebungsvertrag für weiterhin anfechtbar: . In: Legal Tribune Online, 14.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14946 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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