Kündigungsschutz für Servicekraft: Pri­vat­haus­halt mit 15 Arbeit­neh­mern

2/2: Besonderes Nähe- und Vertrauensverhältnis im Haushalt

Auch grundgesetzliche Überlegungen führten zu keinem anderen Ergebnis. Die verfassungsrechtlich gem. Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der in Privathaushalten beschäftigten Arbeitnehmer sei nicht verletzt. Deren Interesse an Kündigungsschutz sei mit den Interessen des Arbeitgebers und Hausherrn abzuwägen. Letzteres überwiege hier. Ein Hausherr habe ein berechtigtes Interesse, dass es im Haushalt nicht "zu Unstimmigkeiten und Querelen" komme. Auch begegne ein solcher Arbeitgeber den Beschäftigten in seinem Haushalt regelmäßig persönlich, was ein besonderes Vertrauensverhältnis verlange.

Zu beachten sei auch, dass die Haushaltsangestellten vertiefte Einblicke in das Familienleben erhielten, so dass ein gerichtlich nicht überprüfbares Vertrauensverhältnis nicht gefordert werden könne. Auch spreche die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG für ein Überwiegen der Interessen des Hausherrn. Einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bei einem Vergleich von "allgemeinen Servicekräften" und "Servicekräften in Privathaushalten" vermochten die Richter  nicht zu erkennen, da die Situation der "Haushaltsarbeitnehmer" aufgrund der besonderen Interessenlage eine andere Behandlung rechtfertige.

Keine Zahlengrenze für den Privathaushalt

Auch die für einen gut betuchten „Durchschnittshaushalt“ doch eher hohe Anzahl der Beschäftigten stehe der Annahme eines kündigungsschutzfreien Privathaushalts nicht entgegen. In Ausnahmefällen könne zwar eine hohe Zahl von Beschäftigten im Haushalt gegen rein private Zwecke sprechen.

Nicht aber in diesem Fall: Hierzu stellte bereits die Vorinstanz auf den "Betreuungsschlüssel" zwischen Haushaltsangestellten (15 Arbeitnehmer) und Haushaltsmitgliedern (Hausherr, Ehefrau, 5 Kinder) ab. Dieses Verhältnis ist in den Augen der Düsseldorfer Landesarbeitsrichter noch in Ordnung und begründet "ohne das Hinzutreten weiterer Umstände" keinen Anlass, am Vorliegen eines Privathaushalts zu zweifeln.
Ab welcher Betreuungsrelation die Richter dies anders sehen, ist dem Urteil der Vorinstanz bedauerlicherweise nicht zu entnehmen, und auch das BAG wird zu dieser Frage nun nichts Erhellendes mehr beitragen können, nachdem die Parteien sich kurz vor der Verhandlung auf einen Vergleich nicht näher bezeichneten Inhalts geeinigt haben.

So bleibt auch dunkel, ob bei der Bestimmung der Maximalgröße einer privaten Bedienstetenschar regionale Unterschiede oder ein Nord-Süd oder Ost-West-Gefälle in Rechnung zu stellen wären. Auch eine analoge Heranziehung des landesgesetzlich festgelegten Betreuungsschlüssel für KiTas oder der Altenpflege bleibt als Lösungsansatz einstweilen ohne höchstrichterlichen Segen. Zur letztgültigen Klärung dieser Fragen wird man also ein weiteres Verfahren vergleichbaren Inhalts abwarten müssen. Das könnte allerdings ein wenig dauern.

Der Autor Prof. Dr. Michael Fuhlrott ist Professor für Arbeitsrecht und Studiendekan Wirtschaftsrecht an der Hochschule Fresenius sowie Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei der Römermann Rechtsanwälte AG in Hamburg.

Zitiervorschlag

Michael Fuhlrott, Kündigungsschutz für Servicekraft: . In: Legal Tribune Online, 24.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22209 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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