Last-Minute-Weihnachtsgeschenke: Sieben Bücher von und für Juristen

von Pia Lorenz

21.12.2017

4/7: Die Justiz und ihre Menschen: Petra Morsbachs "Justizpalast"

(c) Knaus

Petra Morsbachs Roman "Justizpalast" hat einer für LTO rezensiert, der selbst genau dort als Proberichter angefangen hat. Der Roman über das Münchner Gebäude, das neben dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz auch die meisten Zivilkammern des Landgerichts der Landeshauptstadt beherbergt, erzählt die Geschichte einer Richterin.

Für Rezensent Lorenz Leitmeier ist die Polonaise der Staatsjuristen, welche die preisgekrönte Autorin dabei auflaufen lässt, "interessant, phasenweise amüsant, phasenweise erschreckend". Der promovierte Richter schreibt: "Sie sind praktisch alle da: Souveräne Entscheider, bürokratische Bedenkenträger, einfühlsame Wahrheitssucher, opportunistische Karrieristen, bedenkenlose Urkundenfälscher, brilliante Rechtsdogmatiker, frustrierte Karriereverhinderte, prinzipientreue Arbeiter, juristische Alles-Checker, neurotische Soziophobiker, Freizeit-Richter. Das alles ist dramatisch überzeichnet, und damit recht nah an der Wirklichkeit, die ja auch oft übertrieben ist."

Leitmeier hat sich, auch wenn die Parallelen zur Realität ihn, den Richter, erschrecken, als Leser vom Fach prächtig amüsiert. Die kalte Sprache des Rechts, gegenübergestellt Zitaten aus Wallenstein; Seitenhiebe auf Juristen-Humor: "Auf Seite 263 hat sie, die ewige Junggesellin, endlich einen Gesichtsausdruck, als würde sie 'gerade ein Votum fürs Bundesverfassungsgericht entwerfen' – Ekstase unter Juristen, nun ja."

Das mit dem Wilhelm-Raabe-Literaturpreis ausgezeichnete Werk der Schriftstellerin Morsbach, die neun Jahre lang im juristischen Umfeld recherchiert hat, kommt auf 480 Seiten. Leitmeier findet bei den zahlreichen erzählten Fällen auch Längen – und billigt auch ihnen doch eine Einsicht zu: Beim Lesen komme an, wie mühsam die Arbeit in der "Gerechtigkeitsfabrik" ist. Trotz allem macht Morsbach juristische Fehler, wenn die Justiz Gesetze erfindet und Normen anwendet, die es noch gar nicht gab, als die Geschichte spielte.

Aber der Roman stelle vor allem die großen Fragen: "Was macht das System mit einem, der unten hineingeht und oben herauskommt? Muss es nicht auch korrumpieren, um zu funktionieren? Braucht es nicht die Illusion der Unterworfenen, dass es funktioniere? Wenn Recht Macht ist – schützt es nicht immer die ohnehin schon Mächtigen und ist damit ungerecht? Und wie geht man damit um, wenn man Fälle falsch entschieden hat und das weiß? Wiegt die Rechtssicherheit den Fehler auf? Morsbach werfe die großen Fragen eher auf, als dass es sie beantworte, schließt Leitmeier, "aber wer wollte das von einem Roman erwarten?". 

Petra Morsbach, Justizpalast, Knaus, ISBN 978-3-8135-0373-9

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Last-Minute-Weihnachtsgeschenke: . In: Legal Tribune Online, 21.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26153 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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