Weihnachten ist das “Fest der Geschenke". Aber nicht alle Geschenke bringen Freude. Wie sieht es mit Mängeln aus? Und was, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden? Warum Schenken mit Juristen gar nicht geht, erläutert Herbert Grziwotz.
Geschenke sind ein Zeichen der Liebe. Evolutionsbiologen gehen sogar davon aus, dass erst die Fähigkeit zum Schenken und Teilen uns zu Menschen gemacht hat. Die Tradition des individuellen Schenkens unter dem Christbaum ist allerdings eher neuzeitlich.
Möglicherweise rührt sie wie die Gaben des heiligen Nikolaus aus der christlichen Tradition der Nächstenhilfe. So gingen früher beim "Muttergottes-Tragen" und "Christkindl-Einläuten" die Bauern eines Dorfes durch die Nachbarschaft und stellten durch Gaben sicher, dass auch die Armen und Kranken ein würdiges Fest feiern konnten.
Die moderne christliche Begründung für die Geschenke zu Weihnachten lautet: Gott hat uns mit seinem Sohn beschenkt, deshalb wollen wir uns auch gegenseitig Freude bereiten. In ärmeren Zeiten und Gegenden wurden meist Gegenstände verschenkt, die der Empfänger ohnehin benötigte und sich nicht leisten konnte. Deshalb bekamen Kinder früher meist zumindest auch Kleidung. In der modernen Konsumgesellschaft ist daraus längst ein von den christlichen Wurzeln gelöster familiärer Gabentauschrausch geworden.
Weihnachten, ganz ohne Notar
Juristen definieren die Schenkung, einschließlich derjenigen an Weihnachten, wenig romantisch als eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert. Hinzukommen muss die Einigung beider Teile darüber, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
Friedrich Karl von Savigny sah im vierten Band seines Systems des heutigen römischen Rechts (§ 142) die Schenkung nicht als Schuldvertrag, sondern als Modus einer Zuwendung an und stellte sie deshalb in den allgemeinen Teil des bürgerlichen Rechts.
Auch an Weihnachten wird die Schenkung ausgeführt, ohne dass ihr ein Schenkungsversprechen vorausgeht. Kein Schenker wird in der Adventszeit oder gar unter dem Christbaum Schenkungsversprechen machen – die ohne Hinzuziehung eines Notars zudem formnichtig wären. Das Gesetz verlangt bei der Handschenkung, für die wohl auch das Legen des Geschenks unter den Christbaum ausreicht - möglicherweise, um Notaren zusätzlichen Jahresendstress zu ersparen - keine Beurkundung. Der dennoch vorliegende Mangel der Form wird durch die Bewirkung der versprochenen Leistung nämlich geheilt (§ 518 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB).
Millionenfacher Nichtigkeitsgrund "Christkind"
Schon von Savigny hat darauf hingewiesen, dass zu einer Schenkung "nothwendig Zwey Personen gehören". Auch für moderne Juristen ist eine Abrede von Schenker und Beschenktem, nämlich die Einigkeit über die Unentgeltlichkeit, unabdingbar. Allerdings ist es für Weihnachtsgeschenke charakteristisch, dass sie als Geschenke einer dritten Person, nämlich des Christkinds, des Weihnachtsmannes oder der Weihnachtswichtel, ausgegeben werden.
Auch wenn Minderjährige, die das siebte Lebensjahr vollendet haben (§ 106 BGB), wegen des lediglich rechtlichen Vorteils (§ 107 BGB) den Schenkungsvertrags selbst schließen können, fehlt die notwendige Einigung mit dem Schenker.
Dies ist unabhängig von der hier nicht weiter diskutierten Frage, ob es sich beim Christkind überhaupt im juristischen Sinn um ein Rechtssubjekt handelt. Damit sind jedenfalls die Geschenke an Kinder, die das Christkind bringt, also die Mehrzahl der Schenkungen an Weihnachten, rechtlich nichtig.
Morgen, Kinder, wird’s was geben, aber werden wir uns freu'n?
Aber nicht nur das Verschenken an Weihnachten ist ein juristisches Problem. Auch Geschenke zu bekommen, ist gar nicht so einfach. Die Heiligen drei Könige brachten wenigstens noch Gold, Weihrauch und Myrrhe zum Stall nach Betlehem.
In deutschen Weihnachtsstuben sieht es da ganz anders aus. Wer will wirklich die hässliche Krawatte, die ohnehin keiner trägt, Bücher, die im Regal verstauben, und den selbst gestrickten Schal der Tante, der nur den Keller füllt? Viele Weihnachtsgeschenke werden deshalb weiter geschenkt oder bei eBay versteigert.
Ehrlicher, aber dem Weihnachtsfrieden vermutlich eher abträglich wäre es, sich die Rechnung für den Umtausch aushändigen zu lassen. Das mag zwar grob undankbar sein, bei der Küchenmaschine und der Obstschale handelt es sich jedoch um eine weihnachtliche Anstandsschenkung, bei der das Widerrufsrecht wegen groben Undanks (§ 530 BGB) ausgeschlossen ist (§ 534 BGB). Gefährlicher wird dies bei der teuren, aber potthässlichen Schmuckvase.
Gefährliche Geschenke
Sogar als weihnachtliche Handschenkung unter dem Christbaum bedarf eine Schenkung der Annahme. Selbst einen bloßen Vorteil soll niemand ohne sein Einverständnis erhalten müssen (arg. §§ 311 Abs. 1, 333, 516 Abs.2 BGB).
Die Ablehnung nützt möglicherweise auch dem Schenker, der eigentlich nur eine Freude machen will, ohne dabei an die juristischen Folgen zu denken. Legt er nämlich lediglich einen Geschenkgutschein mit einem gattungsmäßig beschriebenen Gegenstand (z. B. Fahrrad) unter den Christbaum, den er erst nach Weihnachten noch besorgen muss, haftet er, wenn er beim Kauf grob fahrlässig nicht aufpasst, für Sachmängel (§524 Abs. 2 BGB). Und hat der Schenker davon Kenntnis, dass der so brav unter dem Weihnachtsbaum sitzende Hund manchmal beißt, muss er sogar für die Schäden einstehen, die sein Geschenk anrichtet (§ 524 Abs. 1 BGB). Und verursacht der geschenkte Laptop bei einem Kurzschluss einen Zimmerbrand, soll der Schenker für diesen Schaden sogar schon bei einfacher Fahrlässigkeit aufkommen müssen. Schenken an Weihnachten kann also für den Schenker höchst gefährlich sein.
Große Erwartungen – gerichtlich durchsetzbar
Aber auch für den Beschenkten ist die Annahme des Geschenks häufig mit Risiken verbunden. Weihnachtsgeschenke gehen nämlich meist mit einer Erwartung an den Beschenkten einher. Der Schenker spekuliert darauf, dass das Geschenk mit einer Gegenleistung vergolten wird. Typisch ist die Erwartung der Eltern, dass das Kind künftig fleißig lernen wird. Männer schenken Dessous, Frauen Haushaltsgeräte oder Rasenmäher, jeweils in Erwartung ihrer zweckentsprechenden Benutzung.
Auch bei Weihnachtsgeschenken kann es sich, wenn die "Erwartung" artikuliert wird, rechtlich um eine Schenkung unter einer Auflage handeln. Deren Inhalt kann jede Leistung sein, gleichgültig, ob sie Vermögenswert hat oder nicht. Der Schenker kann die Vollziehung der Auflage verlangen, wenn der Beschenkte sein Weihnachtspäckchen freudig entgegengenommen hat.
Auch wenn die Rückforderung des Weihnachtsgeschenkes bei Nichterfüllung der Auflage ausgeschlossen ist, besteht ein Anspruch auf Erfüllung der Auflage – und der ist sogar im Wege der Klage gerichtlich durchsetzbar. Also auch am Heiligen Abend Vorsicht, was der Schenker sagt, wenn er die Muh, die Mäh, die Täterätätä, die Tute oder gar die Rute etc. liebevoll eingepackt überreicht.
Um es mit dem Juristen Kurt Tucholsky zu sagen: Und wenn wir das hier so alles lesen: Es ist eine schöne Bescherung gewesen!
Der Autor Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Jurist und Historiker.
Herbert Grziwotz, Weihnachten auf juristisch: Schöne Bescherung . In: Legal Tribune Online, 24.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17950/ (abgerufen am: 18.07.2024 )
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