Mehr als 1.000 Häftlinge in Deutschland wurden vorzeitig in die Freiheit entlassen. Sie können Weihnachten bei ihren Angehörigen statt im Gefängnis verbringen. Nur ein Bundesland beteiligt sich traditionell nicht.
Mehr als 1.000 Häftlinge in Deutschland sind zu Weihnachten vorzeitig in die Freiheit geschickt worden. Dies ergab eine Umfrage der dpa unter den Justizministerien der Länder. Die größte Zahl an Freigelassenen entfällt dabei auf das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen, hier kamen 291 Häftlinge frei. Die insgesamt mindestens 1.056 vorzeitig Freigelassenen in diesem Jahr bedeuten einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Jahr 2021, als die Bundesländer nur etwas mehr als 800 Straftäter vorzeitig nach Hause ließen.
Die Weihnachtsamnestie soll Häftlingen, die ohnehin rund um den Jahreswechsel entlassen würden, ein schönes Fest bescheren. Allerdings gibt es auch Gefangene, die eine vorzeitige Entlassung ablehnen und Weihnachten lieber im Gefängnis verbringen.
Anforderungen sind streng
Meist kommen Häftlinge bei der Weihnachtsamnestie nur Tage oder wenige Wochen vor der eigentlich geplanten Entlassung frei. Die Voraussetzungen für ein früheres Haftende sind streng: Nur die Häftlinge kommen infrage, die im Gefängnis nicht negativ aufgefallen sind und keine langjährige Haftstrafe verbüßen mussten.
In Baden-Württemberg öffneten sich die Tore für etwa 200 Häftlinge vorzeitig. Die Amnestie "nützt den Inhaftierten, deren Haftstrafe in den letzten Wochen des Jahres enden würde", sagte Justizministerin Marion Gentges (CDU). "Die Menschen sollen nicht ausgerechnet dann auf der Straße stehen, wenn in den Beratungsstellen und Sozialämtern zwischen den Jahren niemand zu erreichen ist."
Jahreswechsel erschwert Wiedereinstieg
Ähnliche Argumente nennt Berlin, wo mehr als 160 Straftäter vorzeitig freikamen. "In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass in der Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel die Suche nach Wohnungen und Arbeitsplätzen besonders schwierig ist, deshalb beginnt das Land Berlin mit der Gewährung der Gnadenerweise bereits Ende Oktober", sagte Justizsenatorin Lena Kreck (Linke).
Nach Angaben eines Justizsprechers saß ein Großteil der vorzeitig entlassenen Berliner Straftäter wegen Diebstahls oder Körperverletzung im Gefängnis. In anderen Fällen ging es um ein Erschleichen von Leistungen, meist handelt es sich dabei um Schwarzfahren.
So viele Gefangene kamen in den übrigen Bundesländern mindestens frei: Rheinland-Pfalz 88, Hessen 75, Sachsen 48, Niedersachsen 46, Brandenburg 40, Schleswig-Holstein 26, Hamburg 23, Sachsen-Anhalt 22, Mecklenburg-Vorpommern 16, Bremen 9, Thüringen 7, Saarland 5.
Die Erwartung der Politik an die Weihnachtsamnestie bringt Jacqueline Bernhardt (Linke), Justizministerin in Mecklenburg-Vorpommern, so auf den Punkt: "Grundsätzlich sehen wir bei den Gefangenen, die von der Weihnachtsbegnadigung profitieren, eine wirklich gute Chance, dass sie den Weg in die Freiheit im Kreise der Familie für einen neuen Lebensabschnitt ohne weitere Straftaten nutzen."
Nur Bayern beteiligt sich nicht
In Thüringen betonte das Justizministerium, die bislang sieben Freilassungen seien keine "Weihnachtsamnestie", vielmehr sei die Grundlage ein Erlass über "Gnadenerweise aus Anlass des Weihnachtsfestes".
Bayern beteiligt sich wie in den Vorjahren nicht an der sogenannten Weihnachtsamnestie. "Eine rechtskräftige Strafe im Gnadenwege zu ändern, muss daher absoluten Ausnahmefällen vorbehalten sein und darf nicht von Zufälligkeiten des Kalenders abhängen", so das Justizministerium des Freistaats.
dpa/ku/LTO-Redaktion
Weihnachtsamnestie 2022: . In: Legal Tribune Online, 19.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50510 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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