Vor einem Jahr verhinderte das OLG Karlsruhe die Auslieferung eines Albaners nach Großbritannien wegen schlechter Haftbedingungen. Nun entschied derselbe Strafsenat in einem ähnlich gelagerten Fall – und zwar anders.
Personen, die wegen des Verdachts einer Straftat verfolgt werden, können auch nach dem Brexit in das Vereinigte Königreich ausgeliefert werden. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss (v. 19.02.2024, Az. 301 OAus 136/23).
Das OLG erklärte in seiner Entscheidung die Auslieferung eines wegen Drogenhandels gesuchten Briten für zulässig. Die britischen Behörden müssen aber garantieren, dass die Haftbedingungen des auszuliefernden Mannes den menschenrechtlichen Mindestanforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entsprechen.
Im vergangenen Jahr entschied derselbe Strafsenat des OLG in einem ähnlich gelagerten Fall, dass die Auslieferung eines gesuchten Mannes an Großbritannien derzeit unzulässig sei. Damals ging es um einen albanischen Staatsangehörigen, der ebenfalls wegen Drogenhandels gesucht wurde. Das Gericht ließ den Albaner frei, weil das Vereinigte Königreich detaillierte Fragen zu den Haftverhältnissen nicht beantwortet habe. Außerdem habe es keine Garantien zu dessen Haftbedingungen gegeben.
Diese Garantien durfte das deutsche Gericht auch verlangen, so das OLG damals. Wegen des Brexits haben die Europäische Union und Großbritannien das Trade and Cooperation Agreement (TCA) beschlossen. Nach dem Abkommen kann bei einer Auslieferung die vollstreckende Justizbehörde von der ersuchenden Behörde Informationen und Garantien über die Haftbedingungen verlangen, wenn Gründe für die Annahme einer tatsächlichen Gefahr für den Schutz der Grundrechte der gesuchten Person bestehen.
Auslieferung "trotz fortbestehender struktureller Mängel im Strafvollzug"
Im aktuellen Fall sei die Auslieferung aber "trotz fortbestehender struktureller Mängel im Strafvollzug des Vereinigten Königreichs, etwa einer fortbestehenden durchschnittlichen Überbelegung der Gefängnisse" zulässig, schreibt das Gericht in seiner Mitteilung zu der Entscheidung. Die britische Behörde hätte in diesem Fall sämtliche Fragen des Strafsenats beantwortet.
Insbesondere habe die zuständige Behörde eine verbindliche und belastbare Garantie dahin gehend abgegeben, wo und unter welchen Bedingungen der gesuchte Mann inhaftiert werde, und dass die Haftgegebenheiten den Mindestanforderungen der EMRK genügten.
Dadurch habe Großbritannien die "bestehende Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung des Strafverfolgten, insbesondere angesichts der einzelfallbezogenen Garantien und Informationen zu den konkreten Haftbedingungen, belastbar ausgeräumt", so das OLG. Der Mann dürfe entsprechend ausgeliefert werden.
Der Beschluss ist rechtskräftig.
dpa/hes/LTO-Redaktion
OLG Karlsruhe zum Brexit: . In: Legal Tribune Online, 21.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54174 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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