Das BAG hat im Fall des von der katholischen Kirche gekündigten Chefarztes das BVerfG umgangen und bekam seine Rechtsauffassung vom EuGH bestätigt. Ex-BAG-Richter Schmitz-Scholemann über Konkurrenz, Kirche und den Fall Egenberger.
Am Dienstag könnte die evangelische Kirche bekannt geben, ob sie gegen das Urteil im Fall Egenberger vorgehen wird. Vera Egenberger hat sich – ihres Erachtens wegen ihrer Konfessionslosigkeit – erfolglos auf eine Stelle im Bereich der Menschenrechtsarbeit bei der Diakonie beworben. Ihr wurde Schadensersatz zugesprochen, weil Bewerber nur dann wegen ihrer Religion benachteiligt werden dürften, wenn die Kirchenzugehörigkeit eine berechtigte Anforderung sei, für diese Position aber eine "allgemeine humanistische Gesinnung" ausreiche. Warum er so seine Probleme mit dem Urteil seiner Ex-Kollegen hat, erklärt der ehemalige Richter am Bundesarbeitsgericht Christoph Schmitz-Scholemann im Gespräch mit Michael Reissenberger.
Vielleicht könnte der Fall Egenberger Anlass für das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sein, sich gegen die Bewertung aus Europa zu wehren. Schließlich hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Weg am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorbei genommen, als es wissen wollte, ob die Kündigung eines geschiedenen und neu verheirateten Chefarztes durch die katholische Kirche wirksam ist. Der Rückenwind für die Erfurter Richter dürfte aus Karlsruher Sicht eher Gegenwind sein. Das BVerfG räumte der Kirche in Sachen Kirchenarbeitsrecht wesentlich mehr Autonomie ein als jetzt EuGH und BAG.
"Enttäuscht und selbstherrlich, das sind nicht die Kategorien, mit denen man Recht spricht", beschwichtigt Ex-BAG-Richter Schmitz-Scholemann. Von echten Problemen zwischen Erfurt und Karlsruhe will er auch nach dem "Chefarztfall" nichts wissen. Gesprächsbedarf in Sachen Konkurrenz zwischen Karlsruhe und Luxemburg sieht er aber durchaus.
LTO-Podcast mit Ex-BAG-Richter Schmitz-Scholemann: . In: Legal Tribune Online, 18.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34431 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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