Nicht nur einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz stellt die Verzinsung dar, sondern sie verfehlt auch ihren vom Gesetz vorgesehenen Zweck, meint das OLG Düsseldorf. Der 1. Kartellsenat hat die Frage daher, wie das Gericht am Dienstag bekannt gab, dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt.
Die Zinspflicht greife nur für Bußgelder in Kartell-Bußgeldverfahren. Geldbußen aus anderen Rechtsbereichen, wie etwa dem Straßenverkehrs-, Umwelt- oder Datenschutzrecht, würden nicht verzinst. Hierin sieht das Oberlandesgericht (OLG) einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz).
Das Bundeskartellamt (BKartA) hatte im Jahr 2005 gegen 16 Versicherungsunternehmen sowie deren Vorstände und einige leitende Mitarbeiter wegen unzulässiger Kartellabsprachen Bußgelder in Höhe von ca. 150 Millionen Euro verhängt. Gegen eine Versicherung war ein Bußgeld in Höhe von 6 Millionen Euro verhängt worden.
Nachdem dieses Unternehmen zunächst Einspruch gegen die Bescheide des BKartA eingelegt und das Bußgeldverfahren vor dem 1. Kartellsenat des OLG begonnen hatte, hat der Versicherer im Jahr 2009 dann seinen Einspruch zurückgenommen.
OLG Düsseldorf: Gesetzeszweck verfehlt
Das BKartA forderte nach Zahlung der festgesetzten Geldbuße von dem Versicherer für die Zeit von April 2005 bis Juli 2009 Zinsen in Höhe von 1,7 Millionen Euro. Die Behörde stützte sich hierbei auf § 81 Abs. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), der vorsieht, dass in einem Kartell-Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbußen gegen juristische Personen und Personenvereinigungen zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides zu verzinsen sind.
Mit dieser Zinsregelung soll vermieden werden, dass Einsprüche nur deshalb eingelegt werden, um die Zahlung einer Geldbuße zu verzögern und sich so einen ungerechtfertigten Zinsvorteil zu verschaffen.
Der 1. Kartellsenat hält die Zinsbestimmung für verfassungswidrig.
Eine Verzinsung sei nur dann vorgesehen, wenn die Kartell-Geldbuße in einem Bußgeldbescheid festgesetzt werde, so die Richter. Werde ein Unternehmen durch ein gerichtliches Urteil zu einer Geldbuße verurteilt, entfalle die Zinspflicht. So werde auch der Gesetzeszweck verfehlt, weil die geltende Regelung einen Bußgeldschuldner geradezu auffordere, Einspruch einzulegen, um sich dann durch ein gerichtliches Urteil – zinsfrei - zu einer Geldbuße verurteilen zu lassen.
tko/LTO-Redaktion
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Vorlage an das BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 08.06.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3464 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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