Volkszählung 2011: Bürgerrechtler wollen Verfassungsbeschwerde einreichen

von kgr / LTO-Redaktion

21.06.2010

Bürgerrechtler wollen sich mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Volks- und Wohnungszählung wehren, die Deutschland im Jahr 2011 gemeinsam mit den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchführen wird. Sie wollen damit eine Verdatung der Bevölkerung und erneute Vorratsdatenspeicherung verhindern.

Die Zählung wird auf der Grundlage der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Volks- und Wohnungszählungen vom 9. Juli 2008 durchgeführt, das Zensusgesetz 2011 vom 8. Juli 2009 regelt die rechtlichen Grundlagen.

Statt alle Einwohner und Einwohnerinnen zu befragen, wie es bisher bei traditionellen Volkszählungen üblich war, werden bei dem so genannten registergestützten Zensus hauptsächlich die in den Registern der Verwaltung vorhandenen Daten genutzt.

Dies reduziert im Vergleich zu einer traditionellen Volkszählung sowohl den Verwaltungsaufwand für die Durchführung des Zensus als auch die Belastung der Bürger mit Auskunftspflichten. Zur Ermittlung der benötigten Daten werden dafür in erster Linie die Melderegister der Kommunen, die Register der Bundesagentur für Arbeit und Daten der Vermessungsverwaltung genutzt, so das Bundesministerium des Innern.

Bürgerrechtler sehen genau diese Vorgehensweise kritisch und wollen per Verfassungsbeschwerde dagegen vorgehen.

Hintergrund ist der Trend zu einer Verdatung der Bevölkerung und damit einhergehender Vorratsdatenspeicherung. Bei der Volkszählung 2011 geht es nach ihrer Auffassung um eine umfangreiche Erfassung von Menschen, wobei die deutsche Bevölkerung zur Beantwortung zahlreicher Fragen auch aus dem persönlichen Lebensbereich verpflichtet wird.

So werde zum Beispiel nach der Religionszugehörigkeit gefragt, obwohl die EU-Vorlage dies nicht vorschreibe. Außerdem sei die Zuordnung der unterschiedlichen Daten aus der Volkszählung 2011 über eine eindeutige Personenkennziffer möglich. Eine solche Ordnungsnummer hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil von 1983 jedoch ausdrücklich verboten.

Die dabei entstehende Sammlung sensibler Informationen wie zum Beispiel zum Migrationshintergrund und zur Religionszugehörigkeit sei ohne eine echte Anonymisierung höchst bedenklich. Das Zensusgesetz in seiner jetzigen Form verstoße gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung", so Michael Ebeling vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.

Nach Meinung der Bürgerrechtler verdient die von Behörden als innovativ beworbene Volkszählung diese Bezeichnung erst dann, wenn diese ohne eine gesetzlich verordnete Auskunftspflicht und ohne die Zusammenführung von Datenbeständen in einer zentralen Speicherstelle auskomme.

Zum 15. Juli 2010 soll die Verfassungsbeschwerde eingereicht werden.

Zitiervorschlag

Volkszählung 2011: . In: Legal Tribune Online, 21.06.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/791 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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