Die GFF und Klimaaktivisten erheben erneut Verfassungsbeschwerde gegen das bayerische Verfassungsschutzgesetz. Hauptargument: Der Geheimdienst dürfe persönliche Daten unter zu niedrigen Voraussetzungen an private Stellen weitergeben.
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Klimaaktivisten aus Bayern haben Verfassungsbeschwerde gegen das Bayerische Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) erhoben. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) soll erneut klären, welche Befugnisse die Inlandsgeheimdienste haben dürfen und welche nicht.
Im Zentrum der Beschwerde steht eine Regelung, die es dem bayerischen Inlandsgeheimdienst erlaube, persönliche Daten unter sehr niedrigen Voraussetzungen an private Stellen wie zum Beispiel den Arbeitgeber oder den Vermieter weiterzugeben, so die GFF. Dies könne schwerwiegende Folgen für die Betroffenen haben, einschließlich des Arbeitsplatzverlustes oder sozialer Ausgrenzung.
Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung bedroht
Die GFF argumentiert, dass "ein so gravierender Eingriff in das Grundrecht, über die eigenen Daten zu bestimmen, nur in Ausnahmefällen wie zur Abwehr einer Gefahr gerechtfertigt sein" könne. Das Ziel der Verfassungsbeschwerde der GFF ist es, dass das BVerfG klare Maßstäbe und strenge Grenzen für die Informationsweitergabe durch Geheimdienste an private Stellen festlegt.
"Nicht nur, dass der Verfassungsschutz Menschen umfassend überwachen kann. Durch die neue Regelung darf der Inlandsgeheimdienst die gesammelten Daten ohne Kenntnis der Betroffenen an das gesamte private und berufliche Umfeld weitergeben", so David Werdermann, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der GFF. Dies kann laut Werdermann dazu führen, dass Aktivisten ihren Job verlieren oder aus Vereinen ausgeschlossen werden, ohne von der Intervention des Geheimdienstes zu erfahren oder sich dagegen wehren zu können. "Solche Methoden haben in einer Demokratie nichts zu suchen."
Die GFF moniert, dass Inlandsgeheimdienste in der Vergangenheit immer wieder versucht hätten, Protestbewegungen und zivilgesellschaftliches Engagement als extremistisch zu diskreditieren. Ein Beispiel hierfür sei die Einstufung der Klimabewegung "Ende Gelände" als "linksextremistischen Verdachtsfall" durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Die erweiterte Befugnis zur Übermittlung persönlicher Daten an private Stellen, wie sie das bayerische Verfassungsschutzgesetz nun vorsehe, verstärke diese Einmischung in demokratische Prozesse erheblich. "Damit wird demokratische Teilhabe ausgebremst und der Schutz der Privatsphäre gefährdet", so die GFF.
Schon die zweite Verfassungsbeschwerde gegen das BayVSG
Diese Verfassungsbeschwerde ist bereits die zweite, die die GFF gegen das BayVSG anstrengt. Nach der ersten Beschwerde setzte das Bundesverfassungsgericht 2022 in einem wegweisenden Urteil neue Standards für die Arbeit der Inlandsgeheimdienste. Obwohl der bayerische Gesetzgeber in vielen Punkten den Schutz der Privatsphäre verbesserte, senkte er bei der Reform laut GFF die Anforderungen für die Informationsweitergabe an private Stellen weiter ab.
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) ist eine spendenfinanzierte Organisation, die im Rahmen ausgewählter Verfahren Grundsatzentscheidungen zu erreichen versucht. Sie betreibt sogenannte strategische Prozessführung, bei der es mehr darauf ankommt, rechtspolitisch etwas grundlegend zu verändern, als bloß ein Verfahren zu gewinnen.
xp/PM/LTO-Redaktion
Bayern: . In: Legal Tribune Online, 02.08.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55145 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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