VGH Baden-Württemberg zu Sperrgebietsverordnung: Prostitution darf nicht gänzlich verboten werden

23.06.2014

In Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern darf Prostitution nicht vollständig untersagt werden, entschied der VGH. Die auf Betreiben der Stadt Friedrichshafen erlassene Sperrgebietsverordnung ist damit vorerst außer Kraft gesetzt. Die betroffenen Frauen dürfen vorerst weiterarbeiten.

Die Eilanträge von vier Prostituierten waren erfolgreich. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat die vom Regierungspräsidium Tübingen erlassene Sperrgebietsverordnung für die Stadt Friedrichshafen außer Vollzug gesetzt. Das gilt aber nur für das zehnstöckige Gebäude, in dem die Frauen wohnen und arbeiten. Über ihren Normenkontrollantrag, also die Hauptsache, wurde noch nicht entschieden (Beschl. v. 06.06.2014, Az. 1 S 440/14).

Die Verordnung verbietet jegliche Art von Prostitution im Stadtgebiet. Ausgenommen sind einige Toleranzzonen in Gewerbegebieten. Die vier Frauen gehen jedoch im Stadtzentrum ihrer Tätigkeit nach. Sie richten sich gegen einen Bescheid der Stadt. Neben einer Normenkontrolle beantragten sie bei Gericht, eine einstweilige Anordnung zu erlassen. Dem entsprach der VGH, wie am Montag bekannt wurde.

Ab gewisser Stadtgröße ist Prostitution unvermeidbar

Das Gericht führte aus, dass es Gemeinden zwar möglich sei, Prostitution zu untersagen. Sie müssten sich dabei jedoch an der Zahl ihrer Einwohner orientieren. In Gemeinden wie Friedrichshafen mit mehr als 50.000 Einwohnern sie ein ausnahmsloses Verbot nicht mehr zulässig. Denn man müsse bei einer gewissen Stadtgröße davon ausgehen, dass Prostitution nicht mehr vermeidbar sei. Um ein unerwünschtes Abgleiten in die Illegalität zu vermeiden, seien Toleranzzonen zu bestimmen.

Die glaubte das Regierungspräsidium auch geschaffen zu haben. Doch das Gericht hatte Zweifel, ob die Bereiche in den Industriegebieten die Anforderungen erfüllen könnten. Die Antragstellerinnen hätten argumentiert, dort stünden keinerlei Flächen zum Erwerb oder zur Miete bereit, es handele sich überwiegend um Werks- und Betriebsgelände. Der VGH gab zu verstehen, dass er dem in der Hauptsache nachgehen wolle.

Weil also derzeit nicht sicher sei, ob die Sperrgebietsverordnung die Frauen in ihren Rechten verletze, musste ihnen Eilrechtsschutz gewährt werden. Dies sei auch für die Allgemeinheit zu verkraften, denn die Verordnung werde nur für das Gebäude, in dem die Frauen leben und arbeiten, außer Vollzug gesetzt.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VGH Baden-Württemberg zu Sperrgebietsverordnung: . In: Legal Tribune Online, 23.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12319 (abgerufen am: 14.11.2024 )

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