Nach dem VG Köln bestätigt nun auch das VG München: Der Landesverfassungsschutz darf den Landesverband der AfD (vorerst) beobachten. Das Gericht wertete dazu mehrere tausend Seiten Material aus.
Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz darf den bayerischen Landesverband der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) auf Basis offen zugänglicher Informationen beobachten und darüber auch die Öffentlichkeit informieren. Das hat das Verwaltungsgericht München (VG) im Rahmen eines eben dagegen gerichteten Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz der AfD hin entschieden (Beschl. v. 17.4.2023, Az. M 30 E 22.4913).
Das bayerische Innenministerium hatte im vergangenen September mitgeteilt, dass die AfD nunmehr auch in Bayern als Gesamtpartei vom Verfassungsschutz beobachtet wird. "Das dient der Aufklärung, inwieweit in der AfD als Gesamtpartei Bestrebungen vorliegen, die den Kernbestand des Grundgesetzes zu beeinträchtigen oder zu beseitigen versuchen", hieß es zur Begründung. Landtagsabgeordnete würden aber nicht beobachtet.
Ein Sprecher des bayerischen Verfassungsschutzes hatte damals bereits betont: "Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist zu berücksichtigen, dass die AfD noch nicht als erwiesen extremistisch eingestuft ist." Damit machte er schon vor der jetzigen Entscheidung des Gerichts deutlich, dass dem Landesamt bewusst ist, dass nicht automatisch alle nur denkbaren Maßnahmen jederzeit erlaubt sind.
Gericht bestätigt Beobachtung vorerst
Das Gericht erachtet diese Beobachtung der bayerischen AfD nun aktuell auch für rechtmäßig. Nach Auswertung des mehrere Tausend Seiten umfassenden Materials kam die Kammer zu der Überzeugung, dass aufgrund von Äußerungen von AfD-Mitgliedern "tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen" vorlägen. Es sei teilweise wohl beabsichtigt, die Menschenwürde von Muslim:innen zu missachten und das Demokratieprinzip außer Kraft zu setzen. Die Äußerungen zeigten diese AfD-Mitglieder als Gegner des Staates und dessen demokratischer Parteien.
Unerheblich sei dabei, dass diese Aussagen nur von einigen Mitgliedern der Partei stammten und nicht von allen. Denn die Äußerungen seien zumindest Ausdruck eines "parteiinternen Richtungsstreits". Genau dies sei nun vom Verfassungsschutz zu beobachten, es solle festgestellt werden, in welche Richtung sich die Partei bewege, so die Kammer. Die festgestellten Anhaltspunkte seien außerdem derart gewichtig, dass auch die Öffentlichkeit informiert werden durfte, wo wie es das Landesinnenministerium im September 2022 auch getan hatte.
Die Bestrebungen gegen die Menschenwürde und das Demokratieprinzip ordnete das Gericht dabei außerdem als derart schwerwiegend ein, dass eine weitere Auseinandersetzung mit noch weiteren problematischen Ansichten und Äußerungen von Parteimitgliedern nicht erforderlich gewesen sei. Das Gericht verwies insoweit auf das in einem bundesweit aufsehenerregenden Verfahren ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln (Urt. v. 8.3.2022, Az. 13 K 326/21), gegen das die AfD bereits in Berufung gegangen ist und dessen Bedeutung als wichtiger Schritt in der Beobachtung der Partei eingeordnet wurde.
Gegen den Beschluss kann die Partei innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen. Wann eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren getroffen werden wird, lässt sich laut Gericht noch nicht prognostizieren.
ast/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
VG München sieht es wie das VG Köln: . In: Legal Tribune Online, 17.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51554 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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