Mainz muss ein Diesel-Fahrverbot in den Luftreinhalteplan der Stadt einarbeiten - ob das dann auch zwingend kommt, ist noch nicht sicher. Bisherige Maßnahmen der Stadt für sauberere Luft genügten dem VG nicht.
Die Stadt Mainz muss ihren Luftreinhalteplan so fortschreiben, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Stickstoffdioxid-Grenzwerts enthält. Dabei hat die Stadt auch die Erforderlichkeit von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge einzubeziehen, entschied das Verwaltungsgericht (VG) Mainz am Mittwoch (Urt. v. 24.10.2018, Az. 3 K 988/16.MZ).
Die Kommune müsse Verbote in einen neuen Luftreinhalteplan zum 1. April kommenden Jahres einarbeiten. Kommen müssten die Verbote spätestens zum 1. September 2019 - aber nur, wenn der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) im Mittel der ersten sechs Monate des kommenden Jahres nicht eingehalten werde. Ob ein Verbot dann für einzelne Straßen nötig würde oder für eine Zone, ließ das Gericht offen.
Geklagt hatte die Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die Stadt. DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch zeigte sich "sehr zufrieden". Er hoffe, dass das nun ein Weckruf für die langjährig untätigen Politiker sei - und kurz vor der Landtagswahl in Hessen auch ein Signal an die Bundesregierung, dass es so nicht weitergehe. Eine Berufung gegen das Urteil wurde zugelassen. Ob eine der beteiligten Parteien davon Gebrauch machen wird, war am Mittwoch noch nicht klar.
Gericht zweifelt an Wirksamkeit von Maßnahmenkatalog
Die Stadt Mainz hatte in Aussicht gestellt, bis Ende 2019 den NO2-Grenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft an der am meisten belasteten Messstelle nahe dem Hauptbahnhof einhalten zu können. Das sollte unter anderem mit einer Umrüstung der Busflotte und dem Kauf neuer Busse bewerkstelligt werden. DUH-Anwalt Remo Klinger und Resch zweifelten die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen an. Auch das Gericht hatte Zweifel, ob das Ziel so erreicht werden kann. Zudem sei fraglich, ob eine Einhaltung Ende 2019 angesichts eines schon seit 2010 geltenden Grenzwerts noch als schnell zu bezeichnen sei, sagte die Vorsitzende Richterin Stefanie Lang. Die Stadt sei zu einer kurzfristigen und dauerhaften Einhaltung des Grenzwerts in der gesamten Stadt verpflichtet.
Andernorts gibt es schon vergleichbare Entscheidungen, teilweise wurden Fahrverbote explizit angeordnet, mal für ganze Zonen, mal für einzelne Straßenabschnitte. Hamburg ist bislang die einzige Stadt, in der schon ein Fahrverbot für zwei Straßenabschnitte in Kraft ist. In Stuttgart und Aachen sollen beispielsweise Verbote für ältere Dieselfahrzeuge ab Anfang 2019 kommen, in Berlin bis Mitte 2019 und im keine 50 Kilometer von Mainz entfernten Frankfurt ab Februar 2019, wobei das Land Hessen dagegen Berufung eingelegt hat. In Hessen, wo am kommenden Sonntag (28. September) ein neuer Landtag gewählt wird, steht zudem am 21. November eine Verhandlung über ein drohendes Verbot in Darmstadt an.
Grundsätzlich hatte das Bundesverwaltungsgericht geurteilt, dass Dieselfahrverbote in Städten zulässig sind, aber verhältnismäßig sein müssen. Fahrverbote müssten verhängt werden, wenn andere Maßnahmen nicht genau so schnell dazu führten, den EU-Grenzwert für Stickstoffoxid (NO2) einzuhalten. Für den Schadstoff werden vor allem Diesel-Fahrzeuge verantwortlich gemacht. Die Luftverschmutzung durch Stickstoffdioxide kann dazu führen, dass etwa Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgelöst oder verschlimmert werden.
Mainz gehört nicht zu den bundesweit besonders belasteten Städten, für deren Bürger das Diesel-Paket der Bundesregierung greifen soll, das unter anderem auf Kaufanreize für sauberere Autos und auf technische Nachrüstungen für ältere Autos setzt. Die Mainzer Messwerte liegen zudem unter der wichtigen Marke von 50 Mikrogramm. Die Bundesregierung will gesetzlich festhalten, dass sie in Städten mit geringerer Grenzwert-Überschreitung Fahrverbote in der Regel für nicht verhältnismäßig hält. Damit wären diese für ältere Diesel zwar nicht ausgeschlossen, aber möglicherweise unwahrscheinlicher.
"Wir werden die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, die uns sicher in den nächsten Tagen zugehen wird", sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am Mittwoch in Mainz. Die Stadt werde das Urteil fair würdigen und dann entscheiden, ob sie dagegen in Berufung gehen will.
dpa/acr/LTO-Redaktion
VG hält andere Maßnahmen für nicht ausreichend: . In: Legal Tribune Online, 24.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31681 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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