Die Behörden haben der Halterin eines Kängurus zu Recht ihr Haustier weggenommen: Das Tier brauche genügend Auslauffläche und mindestens einen Artgenossen für das Sicherheitsgefühl, so das VG Lüneburg.
Eine Familie aus dem Landkreis Celle darf ein Känguru nicht als Haustier im heimischen Garten halten. Die 50 Quadratmeter große Fläche sei zu klein und die Einzeltierhaltung nicht artgerecht, entschied das Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg in mehreren am Mittwoch veröffentlichten Beschlüssen (Beschl. v. 24.07.2018, Az. 6 B 71/18 und 6 B 85/18).
Das Känguru mit dem Namen Viggo lebte fast drei Jahre bei einer Familie in Bergen. Ursprünglich stammte das zwei Jahre alte Tier aus einem Tierpark, bei dem die jetzige Halterin angestellt war. Nach dem Tot der Mutter des Kängurus nahm die Familie der Frau das Rotnackenwallaby bei sich zu Hause auf und zog es mit der Flasche weiter groß.
Viggo braucht Auslauffläche
Nachdem das Tier im Sommer 2017 ausgebüxt war, überprüften die Behörden die Haltebedingungen des Kängurus. Daraufhin forderten sie die ehemalige Tierparkmitarbeiterin unter anderem dazu auf, dem Känguru eine Außengehegefläche von mindestens von 200 Quadratmetern zu beschaffen und einen Artgenossen zum Spielen zu besorgen. Bisher lebte Viggo nämlich alleine in dem 50 Quadratmeter großen Garten der Familie.
Weil sich an den Haltebedingungen nach mehreren Gesprächen und Fristverlängerungen über Monate hinweg nichts geänderte hatte, ordnete der Landkreis Celle im Mai 2018 die Wegnahme des Kängurus und die pflegliche Unterbringung in einer auf Wildtiere spezialisierten Einrichtung auf Kosten der Halterin an. Mit einem weiteren Bescheid Anfang Juli verlangte der Landkreis die eigentumsrechtliche Entziehung und die unentgeltliche Abtretung an eine Wildtier- und Artenschutzstation.
Mindestens ein Artgenosse für das Sicherheitsgefühl
Mit Anträgen im einstweiligen Rechtsschutz konnte die Frau die Maßnahmen nun nicht verhindern. Das VG Lüneburg hat an den Anordnungen nichts auszusetzen, weil § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) die Wegnahme und eine anderweitige Unterbringung von Tieren vorsehe, wenn sie erheblich vernachlässigt werden oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufweisen.
Genau davon hat eine Amtstierärztin die Kammer überzeugen können. Laut ihr bestand nämlich die Gefahr, bei dem Känguru ein Leiden hervorzurufen, weil es in dem zu kleinen und nicht bedürfnisgerechten Gehege nicht die Möglichkeit habe, sein artgemäßes Bewegungs-, Komfort- und Ruheverhalten auszuüben. Zudem sei eine Gruppenhaltung wegen des Sicherheitsgefühls für das Einzeltier erforderlich. Der menschliche Kontakt könne den Kontakt zu Artgenossen keinesfalls ersetzen.
Auch die Anordnung der eigentumsrechtlichen Entziehung und unentgeltlichen Abtretung sei rechtmäßig, befand das VG. Der Landkreis habe der Eigentümerin ausreichend Zeit eingeräumt, die geforderten Maßnahmen umzusetzen oder das Tier in eine geeignete Einrichtung abzugeben. Die Entziehung des Eigentums sei auch angesichts der Unterbringungskosten, die der spezialisierten Aufnahmeeinrichtung entstünden und selbst durch den Verkauf des Tieres voraussichtlich nicht gedeckt werden könnten, gerechtfertigt.
mgö/LTO-Redaktion
VG Lüneburg zum Tierschutz: . In: Legal Tribune Online, 08.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30225 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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