VG Koblenz verhandelt über Toilettenbenutzung: Darf Uri­nieren an der Auto­bahn etwas kosten?

20.11.2017

Wer an der Autobahn mal muss, muss oft zahlen, denn an Raststätten kostet die Toilettenbenutzung häufig Geld. Ein Kabarettist will aber kostenlos auf die Toilette gehen können - und klagt deswegen  vor dem VG Koblenz.

Kabarettist und Liedermacher Rainald Grebe beschwert sich schon seit Jahren bei seinem Publikum über die 70 Cent, die er für die Toilettenbenutzung an Autobahnen bezahlen muss. "Ich werde Sanifair verklagen", hat er gedroht. Sanifair ist das Tochterunternehmen der Autobahn Tank & Rast GmbH, das viele Toiletten betreibt. "Wir gehen bis zum Europäischen Gerichtshof." Tatsächlich ist die Sache nun vor Gericht - allerdings noch nicht in Luxemburg, sondern erst einmal in Koblenz.

Dort hat sich am vergangenen Freitag das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz damit befasst (Az. 5 K 1284/16 KO). Grebe hat allerdings auch nicht Sanifair, sondern das Land Rheinland-Pfalz verklagt, obwohl er nach Angaben seines Anwalts nicht dort wohne, aber er immerhin dort Auto fahre.

Der Grund: Rheinland-Pfalz sei eines der wenigen Länder, in denen die Gaststättenverordnung (GastVO) eine kostenlose Toilettennutzung vorschreibe, so der Anwalt am Rande der Verhandlung. Dagegen verstoße die Gebühr für stille Örtchen an Autobahnen - und auch gegen das Prinzip der Daseinsvorsorge, die eine Grundversorgung der Bürger vorsehe.

Richter zweifelt an Erfolg der Klage

"Wenn jemand muss, dann muss er auf Toilette gehen", betonte Anwalt Ganseforth. Ein Rahmenvertrag von 1998 zwischen dem Bund und dem Unternehmen Tank & Rast, damals noch Aktiengesellschaft, halte ausdrücklich die Bemühungen um kostenlose Toiletten fest.

Der Vorsitzende Richter Ralf Geis ließ allerdings einige Zweifel an den Erfolgsaussichten der Klage erkennen. Beispielsweise stellte er in Frage, ob sich Grebe mit dem Land Rheinland-Pfalz den richtigen Adressaten seiner Klage ausgesucht habe, weil der Bund der Vertragspartner der heutigen Autobahn Tank & Rast GmbH sei. Zudem sei auch fraglich, ob die rheinlandpfälzische GastVO überhaupt Anwendung findet und nicht § 15 des Bundesfernstraßengesetz (FStrG) Vorrang genießt. Auch merkte der Koblenzer Richter an, dass die Daseinsvorsorge für Bürger nicht immer kostenlos sei, wie beispielsweise die Versorgung mit Trinkwasser und Strom zeige.

Die Vertreter des beklagten Landes Rheinland-Pfalz und der beigeladenen Autobahn Tank & Rast GmbH betonten, die Toilettengebühr sei rechtlich zulässig. Sie verwiesen auf 43 "kostenlose Wasserklosetts" auf Autobahnparkplätzen in dem Bundesland. Das sei ja Daseinsvorsorge. Der Rahmenvertrag von 1998 sei längst gekündigt - nun seien neuere Vereinbarungen gültig.

43 kostenlose Parkplatz-Toiletten für ein ganzes Bundesland?

Ganseforth bezweifelt, dass 43 kostenlose Parkplatz-Toiletten für ein Land ausreichen. Der ADAC empfehle alle 20 Kilometer Toiletten an Autobahnen. "Man muss aber auch Staus berücksichtigen", sagte der Anwalt.

Er verwies am Freitag auch auf andere Aspekte: Manche Autofahrer wollten nicht für Toiletten zahlen oder hätten nur 50-Euro-Scheine dabei. Ganseforth will darin Sicherheitsrisiken erkennen. Beispielsweise, wenn Autofahrer lieber aufs Gas drückten, um schneller ans Ziel zu kommen und den Toilettengang während der Fahrt vermeiden zu müssen."

Letztlich gehe es bei Grebes Klage aber auch um die Würde des Menschen, so der Anwalt. Kritik, dass Grebe seine Klage als Marketinggag für seinen Job nutzen könnte, wies Ganseforth zurück: Man müsse zwischen dem Kabarettisten und dem privaten Kläger Grebe trennen.

Eine Entscheidung will das VG Koblenz in zwei bis drei Wochen bekanntgeben.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VG Koblenz verhandelt über Toilettenbenutzung: . In: Legal Tribune Online, 20.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25605 (abgerufen am: 12.11.2024 )

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