Ganzjährige Weidehaltung – so sieht das Leben der Rinderherde auf einem Biobauernhof in Hessen aus. Auch die Schlachtung will der Betrieb auf der Weide durchführen, mittels sog. Kugelschusses. Der muss aber eine Ausnahme bleiben, so das VG Gießen.
Die Betäubung beziehungsweise Tötung mittels Kugelschusses stellt nach den einschlägigen tierschutzrechtlichen Bestimmungen nur die Ausnahme bei einer Weideschlachtung dar. Die Genehmigung eines Kreises, die daher Einzelfallprüfungen für jede Schlachtung per Kugelschuss fordert, ist daher zulässig. Das hat das Verwaltungsgericht Gießen (VG) in einem am Montag veröffentlichten Urteil entschieden (Urt. v. 3.5.2021, Az. 4 K 1353/20.Gl).
Ein landwirtschaftlicher Betrieb im hessischen Wetteraukreis hat sich auf das Bio-Rindfleisch-Segment spezialisiert und führt dazu sowohl Zucht als auch Mast und Schlachtung im eigenen Betrieb durch. Die Rinder stehen ganzjährig auf der Weide, auch die Schlachtung wird dort durchgeführt. Dies sollte nun mittels Kugelschusses erfolgen, wofür der Betrieb beim Wetteraukreis eine Erlaubnis beantragte.
Der Kreis erteilte dem Biobauernhof auch eine Genehmigung – allerdings war diese an mehrere Auflagen geknüpft. Einige der streitigen Auflagen waren im Nachhinein zwar abgeändert worden, etwa dass der Kugelschuss zur Betäubung und Entblutung des Rindes auf einem "begrenzten Areal" erfolgen muss. Nicht einig wurden sich Kreis und der letztlich klagende Betrieb aber darüber, dass der Einsatz einer Schusswaffe zur Betäubung oder Tötung der Rinder nur in Ausnahmefällen zulässig sein sollte. Eine Ausnahme soll dann vorliegen, wenn es zu erheblichem Stress für das Tier oder eine Gefährdung für den Menschen führen würde, das Tier zu fangen und zu verladen, um es zur Schlachtstätte zu transportieren. Dies müsse der Biobetrieb jeweils im Einzelfall prüfen.
Bolzenschuss vs. Kugelschuss
Eine solche Einzelfallprüfung für jedes Rind durchzuführen, hält der Biobauernhof jedoch für unnötig, da er die "Voraussetzungen für die Genehmigungserteilung insgesamt" erfülle, wie er vor Gericht vortrug. Das VG war jedoch anderer Meinung: Das Standardverfahren zur Schlachtung eines Tieres sei ganz klar der Bolzenschuss. Die Betäubung beziehungsweise Tötung mittels Kugelschusses stelle nur die Ausnahme für eine Weideschlachtung dar.
Seine Auffassung begründete das Gericht mit den Nachteilen des Kugelschussverfahrens. Dieses berge im Vergleich zum Bolzenschussverfahren hohe Risiken hinsichtlich der Sicherheit, insbesondere bezüglich der Zielgenauigkeit und der Verletzungsgefahren. Die Auflage der Behörde, den Kugelschuss nur in Ausnahmefällen durchzuführen, sei entsprechend zulässig.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
ast/LTO-Redaktion
VG Gießen: . In: Legal Tribune Online, 17.05.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44975 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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