Ein großes Löwenkopf-Tattoo ist nicht automatisch ein Ausschlussgrund für den Polizeidienst, so das VG Düsseldorf. Man müsse das zwar nicht schön finden, vertrauen dürften die Bürger einem solchen Beamten aber durchaus.
Ein Bewerber für den Polizeidienst darf nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil er eine großflächige Tätowierung auf dem Unterarm trägt. Dies entschied am Donnerstag das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf in einem Eilverfahren (Beschl. v. 24.08.2017, Az. 2 L 3279/17).
Der Antragsteller hatte sich in NRW für die Einstellung in den Polizeidienst im Jahr 2017 beworben. Weil er aber ein großflächiges Tattoo (20 x 14 Zentimeter) in Gestalt eines Löwenkopfes auf der Innenseite seines Unterarms trug, lehnte ihn das zuständige Amt ohne weitere Prüfung seiner Bewerbung ab. Zwar bestünden keine Bedenken gegen das Motiv als solches, doch sah man die Autorität eines Polizeibeamten durch derart prägnante Körperkunst gefährdet.
Grundlage der Entscheidung war ein Erlass des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, wonach großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich einen absoluten Eignungsmangel des Bewerbers darstellen. Als sichtbar gelten Körperstellen, die beim Tragen der Sommeruniform der Polizeibeamten erkennbar sind, also unter anderem die Unterarme. Tätowierungen, "die die durchschnittliche Größe eines Handtellers überschreiten", sind laut dem Erlass an sichtbaren Körperstellen unzulässig, unabhängig vom Motiv.
Dienstherr muss "gesellschaftlichen Wandel" berücksichtigen
Vor der 2. Kammer des VG Düsseldorf reichte der Mann daraufhin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ein - und hatte damit Erfolg. Ganz im Gegensatz zum nordrhein-westfälischen Innenministerium sahen die Richter durchaus Belege für einen "gesellschaftlichen Wandel", im Zuge dessen solche Tätowierungen bei Polizeibeamten toleriert würden.
Soweit mit dem Erlass also die Legitimation und Autorität von Polizeibeamten geschützt werden solle, sei diese Verwaltungspraxis rechtswidrig. Für einen Eignungsmangel reiche es eben nicht aus, dass Teile der Bevölkerung großflächige Tätowierungen unpassend oder unästhetisch fänden. Erforderlich sei vielmehr, dass Polizeibeamten deshalb das erforderliche Vertrauen nicht mehr entgegengebracht werde.
Hierfür aber seien keine belastbaren Erkenntnissen ersichtlich, so die Kammer. Schließlich gebe es keine aktuellen Umfrageergebnisse zur Akzeptanz von Tätowierungen von Beamten, die die Ansicht des Ministeriums bestätigen würden. Große Tattoos gerade an den Armen seien heute keine Seltenheit mehr und deuteten auf einen gesellschaftlichen Wandel hin. Diesen müsse der Dienstherr bei der Einstellung junger Bewerber in den Blick nehmen. Die Ablehnung eines Bewerbers aufgrund der Gestaltung der Tätowierung (z.B. gewaltverherrlichende Motive) sei dabei weiterhin zulässig.
Gegen den Beschluss kann beim Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster Beschwerde eingelegt werden. Update 31. August, 12:47h: Das Land hat Beschwerde gegen das Urteil eingelegt, weil Tätowierungen die gebotene Neutralität der Polizei beeinträchtigen könnten.
mam/LTO-Redaktion
VG Düsseldorf zu abgelehntem Polizeibewerber: . In: Legal Tribune Online, 25.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24143 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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