VG Chemnitz zu Flüchtlingseigenschaft: Wehrpf­lich­tigen droht Ver­fol­gung in Syrien

09.03.2017

Die Oberverwaltungsgerichte urteilten einhellig, dass Syrern keine Verfolgung in ihrem Heimatland drohe, nur weil sie in Deutschland Asyl beantragt haben. Etwas anderes gelte aber für Wehrpflichte, meint das VG Chemnitz.

Das Verwaltungsgericht (VG) Chemnitz hat entschieden, dass Asylantragsstellern aus Syrien, die in ihrer Heimat wehrpflichtig sind, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden muss (Urt. v. 07.03.2016, Az. 6 K 720/16.A und 6 K 885/16.A).

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte den Klägern aufgrund des Bürgerkrieges den sog. subsidiären Schutzstatus gewährt, allerdings die weitergehende Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt. Anerkannte Flüchtlinge genießen gegenüber (nur) subsidiär Schutzberechtigten insbesondere Erleichterungen beim Familiennachzug und bei der Dauer der Aufenthaltserlaubnis. Die Abschiebung droht auch subsidiär Schutzberechtigten nicht.

Die beiden Syrer klagten gegen die Einschätzung des BAMF, das VG gab ihnen nun recht. In Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte befand zwar auch das VG, dass Syrern nicht schon allein wegen ihrer Ausreise und Asylantragstellung in Deutschland bei einer Rückkehr nach Syrien politische Verfolgung drohe. Etwas anderes gelte jedoch, wenn besondere gefährdungserhöhende Merkmale in der Person des Asylantragstellers vorlägen.

Davon sei u.a. dann auszugehen, wenn ein Asylbewerber zur Gruppe der in Syrien zum Wehrdienst verpflichteten Personen gehöre, entschied das VG. Nach Auswertung von Berichten des Auswärtigen Amtes, Gutachten von Amnesty International und anderer Menschenrechtsorganisationen, Stellungnahmen des UNHCR, Auskünfte verschiedener Nichtregierungsorganisationen und  Sachverständiger  kam die 6. Kammer zu der Überzeugung, dass das Verlassen Syriens trotz bestehender Wehrpflicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von der dortigen Staatsführung als regimefeindliches Verhalten angesehen werde.

Der Entscheidung kommt laut Gerichtsmitteilung Signalwirkung zu. Alleine am VG Chemnitz sind noch 260 andere Klagen von Syrern anhängig. Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VG Chemnitz zu Flüchtlingseigenschaft: . In: Legal Tribune Online, 09.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22323 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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