Seit vergangenem Samstag galt in Berlin: Nach 23 Uhr müssen Gaststätten schließen, um die Virusausbreitung einzudämmen. Nun ist die Sperrstunde erst einmal weg – doch das Ausschankverbot nach 23 Uhr bleibt bestehen.*
Das Berliner Verwaltungsgericht (VG) hat die vom Senat beschlossene Sperrstunde in der Hauptstadt vorerst suspendiert. Die Regelung in der Berliner Infektionsschutzverordnung halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand (Beschl. v. 15.10.2020, Az. 14 L 422/20 u. 14 L 424/20), hieß es in einer Mitteilung des Gerichts. Mehrere Gastronomen hatten sich gegen die Regelung in der Verordnung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gewehrt.
In Berlin hatte man am Dienstag vor dem Hintergrund der deutlich gestiegenen Infektionszahlen beschlossen, dass Restaurants, Bars, Kneipen und die meisten Geschäfte künftig zwischen 23 Uhr und sechs morgens Uhr geschlossen sein müssen. Die neue Regelung war zum vergangenem Wochenende in Kraft getreten.
Insgesamt haben sich elf Berliner Bars und Clubs gegen die Sperrstunde gewandt. Sie kritisierten diese als unverhältnismäßig. Aus ihrer Sicht gibt es keine überzeugende Begründung für die Schließung der Lokalitäten ab 23 Uhr. Mit einer Sperrstunde für die Gastronomie werde stattdessen nur erreicht, dass sich junge Menschen eben an anderen Orten treffen, an denen keine Hygienekonzepte gelten, so ihre Argumentation.
Ausschankverbot nach 23 Uhr gilt weiterhin
Das VG gab den Eilanträgen nun statt. Nach Auffassung des Gerichts verfolgt die Maßnahme zwar das legitime Ziel, die Ausbreitungsgeschwindigkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern und damit eine Überlastung des öffentlichen Gesundheitssystems zu vermeiden. Zur Erreichung dieses Ziels sei eine Sperrstunde auch möglicherweise geeignet.
Doch nach summarischer Prüfung im Eilverfahren sei nicht ersichtlich, dass die Maßnahme für eine nennenswerte Bekämpfung des Infektionsgeschehens erforderlich ist, hieß es. Der Berliner Senat habe bereits mildere Mittel ergriffen, die für die Bekämpfung des von Gaststätten ausgehenden Infektionsrisikos in gleicher Weise geeignet schienen.
Eins dieser milderen Mittel ist nach Auffassung des Gerichts das Alkoholausschankverbot nach 23 Uhr - das auch weiterhin gilt: Dieses hatten die Gastronomen nämlich nicht angegriffen. Wie es infektionsschutzrechtlich gerechtfertigt sein solle, die Betriebe darüber hinaus im genannten Zeitraum gänzlich schließen zu lassen, leuchtete dem VG nicht ein.
Auch die Gefahr einer alkoholbedingten "Enthemmung" nach 23 Uhr bestehe wegen des weiterhin geltenden Ausschankverbots nicht. Gastwirten könne nicht pauschal unterstellt werden, dass sie diese Vorgaben typischerweise nicht einhielten. "Allein die bessere Kontrollmöglichkeit einer Sperrstunde könne daher hier nicht zur Rechtfertigung der Maßnahme herangezogen werden", so das VG in seiner Mitteilung.
Gegen die Beschlüsse ist noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
*Anm. d. Redaktion: Die Suspendierung der Regelung zur Sperrstunde in der Berliner Coronaschutzverordnung gilt natürlich nur für die elf Berliner Bars und Clubs, die den Antrag stellten, präzisiert am 19.10.2020 um 14:30 Uhr.
VG Berlin: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43128 (abgerufen am: 17.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag