In einem Karlsruher Stadtteil schmeißen die Kreisverbände aller Parteien eine Demokratie-Party – nur die AfD haben sie ausgeschlossen. Deshalb darf das Stadtamt auch keine Werbung für die Veranstaltung machen, so der VGH.
Die Veranstaltung "Durlach leuchtet für Demokratie" findet am Freitag im Karlsruher Stadtteil Durlach statt. Im Vorfeld lud das Stadtamt Durlach hierzu ein und machte deutlich, dass es die Veranstaltung unterstützt. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg stellt nun klar, dass diese Werbung unrechtmäßig war, da der AfD als einziger Partei nicht angeboten worden war, an der Veranstaltung mitzuwirken (Beschl. v. 13.03.2024, Az. 1 S 401/24).
Bereits Tage vor der Veranstaltung wurden Werbeplakate für die Veranstaltung aufgehängt. Auch eine Pressemitteilung des Stadtamtes warb fleißig für die Veranstaltung. Aus dieser Werbung ging deutlich hervor, wer die Organisatoren der Veranstaltung waren: die im Durlacher Ortschaftsrat vertretenen Parteien Grüne, CDU, SPD, FDP, FW und Linke. Das sind alle Parteien, die im Durlacher Ortschaftsrat vertreten sind – bis auf eine: die AfD. Das Stadtamt teilte zudem in einer Pressemitteilung ausdrücklich mit, dass es die Veranstaltung unterstütze.
Das war der örtlichen AfD zu viel: Sie begehrte im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)) Unterlassung. Das Stadtamt dürfe nicht für die von den übrigen Parteien organisierte Veranstaltung werben bzw. zu dieser sogar einladen, da die AfD als einzige Partei nicht gefragt worden ist, ob sie an der Veranstaltung mitwirken möchte.
Chancengleichheit verletzt, auch wenn die Stadt mit Ausschluss nichts zu tun hat
Der VGH gab diesem Antrag des AfD-Kreisverbandes statt und stellte klar, dass die AfD durch das Stadtamt in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb gem. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 21 Abs. 1 GG verletzt worden sei.
Der Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen untersage der öffentlichen Gewalt jede unterschiedliche Behandlung der Parteien bzw. der Wahlbewerber, durch die deren Chancengleichheit bei Wahlen verändert werden kann, so der VGH. Konkret führte das Gericht dazu an, dass das auch für Konstellationen gelte, in denen einer bestimmten Partei eine Chance vorenthalten wird, auf den Willensbildungsprozess anderer einzuwirken – selbst wenn diesen Ausschluss nicht die öffentliche Gewalt zu verantworten hat.
Zwar habe nicht das Stadtamt selbst die AfD von der Organisation von "Durlauch leuchtet für Demokratie" ausgeschlossen. Doch dadurch, dass das Stadtamt die Veranstaltung aller übrigen Parteien unterstützt hat, ohne dass die AfD gefragt wurde, ob sie an der Veranstaltung mitwirken wolle, habe das Stadtamt die AfD von der amtlichen Unterstützung ausgeschlossen, die alle anderen Parteien durch die Werbung erfahren hätten.
Außerdem hatte das Stadtamt Plakatständer zur Verfügung gestellt, auf denen die Werbeplakate aufgehängt werden durften. Auch "hierdurch wurde positiv von amtlichen Stellen die politische Tätigkeit der organisierenden Parteien unterstützt, während der Antragsteller diese Unterstützung weder erfahren hat noch ihm diese angeboten wurde", so der VGH.
Stadtamt muss Aussage nicht richtigstellen
Die AfD beantragte darüber hinaus, dass das Stadtamt seine Unterstützung für die Veranstaltung zu widerrufen habe. Das Gericht stellte jedoch klar: Ein Anspruch auf den Widerruf einer Aussage bestehe nur im Hinblick auf die Behauptung unrichtiger Tatsachen und Werturteilen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen. Dass das Stadtamt die Veranstaltung unterstütze, stimme allerdings. Es sei daher weder eine unrichtige Tatsachenbehauptung noch ein auf sachfremden Erwägungen beruhendes Werturteil, so das Gericht. Richtigstellen muss das Stadtamt die Aussage laut Gericht daher nicht.
Im Ergebnis muss das Stadtamt damit seine Pressemitteilung von seiner Homepage entfernen und die zur Verfügung gestellten Plakatständer wieder zurücknehmen, bevor am Freitag die Demokratie-Party ohne die Mitwirkung der AfD stattfinden kann.
xp/dpa/LTO-Redaktion
VGH BaWü sieht Chancengleichheit verletzt: . In: Legal Tribune Online, 15.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54115 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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