Zehntausende gläubige Hindus besuchen jährlich das Tempelfest in Hamm. Der Ex-Regierungspräsident vergab daher den Status kirchlicher Feiertag. Doch für wie lange?
Anhänger der Hindu-Gemeinde, die in diesen Tagen an religiösen Feierlichkeiten in Hamm teilnehmen möchten, können sich dafür von der Arbeit befreien lassen. Sie müssen zwar auf Lohn verzichten, aber auch keine Urlaubstage einsetzen. Denn drei Tage des Tempelfestes gelten als religiöse Feiertage i.S.d. Feiertagesgesetzes NRW, so das Ergebnis eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg (Beschl. v. 16.06.2023, Az. 12 L 776/23).
An dem Tempelfest, das seit Anfang Juni in Hamm gefeiert wird, nehmen seit vielen Jahren zehntausende Gläubige und Gäste teil. Schon lange war in der Stadt besprochen worden, Tage des Festes zu religiösen Feiertagen erklären zu wollen, – und am letzten Tag, bevor er in Pension ging, löste der damals amtierende Regierungspräsident im August 2022 dieses Versprechen ein.
Allerdings hatte er in dem an die Stadt Hamm gerichteten Feststellungsbescheid das Tempelfest insgesamt – und nicht nur einzelne Tage des Festes – zum Feiertag erklärt. Das Fest geht allerdings über zwei Wochen, und obwohl diese Anzahl an Tagen niemand wollte, wurde dieser Bescheid rechtskräftig.
Dabei blieb es, bis im Mai eine Sachbearbeiterin in der Bezirksregierung den aus ihrer Sicht rechtswidrigen VA zurücknahm und die sofortige Vollziehung anordnete. Auf die Anfechtungsklage der Hinduistischen Gemeinde in Deutschland gegen die Rücknahme und den entsprechenden Eilantrag stellte das VG Arnsberg nun die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her. Das Gericht könne nicht mit der erforderlichen Gewissheit beurteilen, ob die Rücknahme offensichtlich rechtmäßig sei. Die daher nötige Folgenabwägung ginge zugunsten der Gläubigen aus.
Ist das Hindu-Fest "feiertagsfähig"?
Es sei schon fraglich, ob die Bezirksregierung Arnsberg als sachlich zuständige Behörde gehandelt habe. Denn nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Feiertagsgesetz NRW sei der Regierungspräsident in Zweifelsfällen zuständig für die Entscheidung über Feiertage. Auch stellte die 12. Kammer am VG Arnsberg in Frage, ob eine Sachbearbeiterin den Bescheid zurücknehmen konnte, den der amtierende Regierungspräsident persönlich erlassen hatte. Denn sachlich zuständig für die Rücknahme eines VA sei nach dem actus-contrarius-Gedanken grundsätzlich die erlassende Stelle.
Wer zuständig sei, könne aber letztlich nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Das gelte auch für die Frage, ob das Tempelfest überhaupt für die Klassifizierung als kirchliche Feiertage tauge. Das sei nach dem Feiertagesetz NRW in zwei Fällen möglich: in Gemeinden, in den mindestens zwei Fünftel der Bevölkerung den Feiertag begehen, oder wenn das Fest in langjähriger Gewohnheit als Feiertage geachtet werde. Für beide Varianten fehle es jedoch an tragfähigen Erhebungen unter der Bevölkerung.
Bei einer Qualifizierung als kirchlicher Feiertag müssen Arbeitgeber Gläubigen dieser Religionsgemeinschaft den Besuch des Gottesdienstes ermöglichen, wenn nicht zwingende Gründe entgegenstehen. Es ist dann sicherzustellen, dass die Gläubigen an den entsprechend geschützten Veranstaltungen ohne berufliche Nachteile – abgesehen von Lohnverzicht – teilnehmen können.
Bis zum nächsten Jahr könnten die Fragen in der Hauptsache geklärt sein, in diesem Jahr sind die Abschlussfeierlichkeiten bereits am 20. Juni.
Zweiwöchiges Tempelfest in Hamm: . In: Legal Tribune Online, 19.06.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52030 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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