Durch Gründung einer türkischen Fluggesellschaft sollen russische Akteure versucht haben, das in den EU-Sanktionen enthaltene Flugverbot zu umgehen. Das VG Berlin lehnte nun Eilanträge der Airline gegen das Flugverbot ab.
Seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine sieht sich Russland mit weitreichenden Sanktionen belastet. Dazu gehört auch ein Flugverbot für russische Luftfahrzeuge im und über dem Gebiet der Union. Durch die Gründung der Southwind Airlines 2022 versuchte Russland mutmaßlich, dieses Verbot zu umgehen. Im März 2024 teilte die EU-Kommission mit, finnische Behörden hätten aufgedeckt, dass die in der Türkei registrierte Fluggesellschaft mit Sitz in Antalya tatsächlich von russischen Akteuren kontrolliert wird. Die Kommission selbst folgte dieser Einschätzung.
Damit wendet die Kommission die von der EU gegen Russland verhängten Sanktionen auch gegen die Southwind Airlines an. Art. 3d der EU-Verordnung über Russland-Sanktionen verbietet russischen Luftfahrzeugen, im Gebiet der Union zu starten, zu landen oder es zu überfliegen. Erfasst sind alle Flugzeuge, die von russischen Luftfahrtunternehmen betrieben werden oder in Russland registriert sind. Auch solche, die zwar nicht in Russland registriert sind, sich aber in russischem Eigentum befinden oder unter deren Kontrolle stehen, unterliegen dem Verbot.
Da die Airline auch Flüge zwischen Deutschland und der Türkei anbot, informierte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) Southwind per E-Mail über das nach Auffassung der Kommission bestehende Flugverbot. Technisch wurde dieses durch die Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt Eurocontrol umgesetzt. Southwind Airlines ging auf dem Eilrechtsweg gegen das Verbot vor – sowohl in Deutschland als auch beim beim Gericht der Europäischen Union (EuG). Beides blieb ohne Erfolg.
VG: Mitteilung ist kein Verwaltungsakt
Das EuG wies den Eilantrag mit der Begründung ab, es sei für das Flugverbot nicht verantwortlich (Beschl. v. 06.08.2024, Az. T-213/24 R). Auch vor dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin scheiterte die Airline mit ihren Eilanträgen daran, dass in Deutschland keine regelnden Anordnungen getroffen worden sind (Beschl. v. 04.09.2024, Az. VG 4 L 143/24). Hier war die Fluggesellschaft konkret gegen die E-Mail des BMDV vorgegangen; hilfsweise hatte sie vom Gericht die vorläufige Feststellung begehrt, dass das Flugverbot nicht für sie gelte.
Das Berliner Gericht wies diese Anträge als unzulässig zurück, weil es sich bei der E-Mail des Ministeriums schon nicht um einen Verwaltungsakt handele, der ein Flugverbot regele. Stattdessen wurde die Airline lediglich über die Rechtsauffassung der EU-Kommission informiert.
Auch der Feststellungsantrag sei unzulässig. Zwischen dem Ministerium und der Fluggesellschaft bestehe kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, so das VG Berlin. Denn das Ministerium sei selbst nicht an der Umsetzung der Norm beteiligt. Es handele sich vielmehr um eine "self-executing" (selbstvollziehende) Norm, die unmittelbare Geltung beanspruche. Da die praktische Umsetzung des Flugverbots Eurocontrol obliege, könne und müsse die Airline direkt gegen die Organisation in Belgien vorgehen.
Über das Verbot selbst hat das VG damit nicht entschieden. Gegen den Beschluss kann Southwind Airlines noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erheben. Bestätigt dieses die Rechtssauffassung des VG, dürfte auch die Klage in der Hauptsache unzulässig sein.
lmb/LTO-Redaktion
VG Berlin lässt mutmaßlich russisch kontrollierte Airline abblitzen: . In: Legal Tribune Online, 09.09.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55362 (abgerufen am: 28.10.2024 )
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