Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat am Freitag im Landtag den Gesetzentwurf zum Ausstieg des Landes aus dem Bahnprojekt Stuttgart 21 vorgelegt. Grün-Rot setzt darauf, dass eine Mehrheit von CDU, FDP und SPD-Parlamentariern Ende September gegen den Entwurf stimmt, dann kann ein Drittel der Abgeordneten eine Volksabstimmung beantragen. Zu dieser wird es voraussichtlich am 27. November kommen.
Die Grünen sind gegen das auf 4,1 Milliarden Euro veranschlagte Bauprojekt Stuttgart 21, der Koalitionspartner SPD ist dafür. Die Opposition will die erste Volksabstimmung im Südwesten nicht boykottieren, warf der Regierung aber vor, mit einer Finte zum Ziel gelangen zu wollen.
Hermann und die Grünen-Fraktionschef Edith Sitzmann warnten vor einer Kostenexplosion und vor unwägbaren Risiken des Bahnprojektes. Er gehe von Kosten bis zu sechs Milliarden Euro aus, sagte Hermann: "Die Kosten sind Premium, die Risiken abenteuerlich und der Nutzen ist fragwürdig." Deshalb müsse jetzt die Notbremse gezogen und dem Land ein finanzielles Desaster erspart werden. Für die Finanzierungsverträge sei die Geschäftsgrundlage entfallen.
Sitzmann betonte, für ihre Fraktion seien der Erhalt und die Sanierung des bestehenden Kopfbahnhofes (K 21) die bessere Alternative zu Stuttgart 21. Auch die Kombilösung aus Tief- und Kopfbahnhof sei ein "gangbarer" Weg.
Dem hielt SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel entgegen, dass es für Alternativen zu Stuttgart 21 weder Geld noch Planungen noch Träger gebe. Stuttgart 21 sei als beste von 60 Varianten, darunter auch K 21 und Kombilösung, ausgewählt worden. "Die echte Alternative heißt, es kommt auf lange, lange Zeit nichts."
Die Opposition nutzte die Debatte zu einer Generalabrechnung mit Grün-Rot. "Sie praktizieren eine Politik des Überhörens und der Brechstange", sagte CDU-Fraktionschef Peter Hauk; die Anhörungsfristen für den Entwurf seien verkürzt und die Bedenken der Verbände ignoriert worden. Die Koalition gefährde im Übrigen die Zukunftsfähigkeit des Landes. Hauk bescheinigte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auch mangelnde Führungsstärke: "Sie übernehmen keine Verantwortung."
dpa/tko/LTO-Redaktion
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Stuttgart 21: . In: Legal Tribune Online, 16.09.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4324 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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