EuGH-Schlussanträge zu ProSieben: Rund­funk­staats­ver­trag darf regio­nale Fern­seh­wer­bung ver­bieten

15.10.2020

ProSieben hat sich geweigert, eine Werbung nur in Bayern auszustrahlen: Ein Verbot aus dem Rundfunkstaatsvertrag stehe regionaler TV-Werbung entgegen. Der Generalanwalt am EuGH hält ein solches für rechtmäßig.

Das Verbot für nationale Fernsehsender, regionale Werbung auszustrahlen, sei mit EU-Recht vereinbar. Das findet Generalanwalt Szpunar in seinen Schlussanträgen zu einem Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts (LG) Stuttgarts an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) (Rs. C-555/19).

Die Richter haben über einen Streit der SevenOneMedia GmbH, welche die Vermarktungsgesellschaft der ProSiebenSat1-Gruppe ist, mit einem österreichischen Modeunternehmen zu entscheiden. Zwischen den Parteien existiert ein Vertrag, der auch die regionale Ausstrahlung von Werbung des Modeunternehmens begrenzt auf Bayern vorsieht. Die SevenOneMedia GmbH verweigert die Erbringung dieser Leistung jedoch, da das Verbot der Ausstrahlung regionaler Werbung auf nationalen Fernsehsendern entgegenstünde. Ein solches Verbot ist im Rundfunkstaatsvertrag verankert. Die Bundesländer dürften die Ausstrahlung zwar erlauben, allerdings hat das noch keines getan. 

Generalanwalt Szpunar ist in seinen Schlussanträgen nun der Auffassung, dass ein Verbot regionaler Werbung in deutschlandweiten Rundfunkprogrammen dem EU-Recht nicht entgegensteht. Sowohl die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie), der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Recht auf freie Meinungsäußerung aus der Grundrechtecharta als auch die Dienstleistungsfreiheit stünden dem Verbot aus § 7 Abs. 11 des Rundfunkstaatsvertrags nicht entgegen. 

TV-Werbung nicht mit Internet-Werbung vergleichbar

Er begründet seine Auffassung folgendermaßen: Das deutsche Verbot sei dazu da, den regionalen Werbemarkt eben auch den regionalen und lokalen Fernsehveranstaltern vorzubehalten, damit diese sich finanzieren können. Außerdem falle die Aufteilung zwischen nationalen und regionalen Fernsehmärkten nicht in den Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie und damit auch nicht das Verbot der regionalen Werbung. Die AVMD-Richtlinie habe den Zweck, die Fernsehzuschauer zu schützen. Die Aufteilung des Werbemarkts zwischen nationalen und regionalen Fernsehveranstaltern habe damit jedoch nichts zu tun. 

Das LG Stuttgart hat den EuGH zudem gefragt, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorliege. Schließlich hätten Fernsehveranstalter im Vergleich zu Mediendiensten aus dem Internet nicht die Möglichkeit, gezielte Werbedienste anzubieten. Das Verbot regionaler Werbung würde das noch zusätzlich erschweren. Szpunar nimmt jedoch keine vergleichbare Situation an. Es würden zwei vergleichbare Sachverhalte fehlen, da die Dienste aus dem Internet ganz anders funktionierten als die Fernsehdienste. Er hält einen Vergleich sogar für "sinnlos", entsprechend könne auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegen.

Einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit sieht Szpunar indes. Er nimmt jedoch eine Rechtfertigung dieses Eingriffs an, da das Verbot regionalisierter Werbung auf nationalen Fernsehkanälen die Funktionsfähigkeit der regionalen Fernsehsender sichere. Er ist der Ansicht, dass das einen zwingenden Grund des allgemeinen kulturpolitischen Interesses darstellt. Zudem sichere das Verbot die Meinungsvielfalt.

Die Frage der Verhältnismäßigkeit müsse jedoch das LG Stuttgart beurteilen. Insbesondere auf weniger restriktive Maßnahmen weist Szpunar die Stuttgarter Richter hin, zum Beispiel eine Beteiligung regionaler und lokaler Rundfunkveranstalter an den Einnahmen der nationalen Fernsehsender bei der Ausstrahlung von regionaler Werbung.

pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH-Schlussanträge zu ProSieben: . In: Legal Tribune Online, 15.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43112 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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