Weil Eltern Angst um ihre Tochter hatten, sollte sie nicht zur Schule laufen, sondern mit dem Bus fahren. Die Kosten für das Ticket müsse die Stadt aber nicht übernehmen, so das OVG NRW. Dafür sei der Schulweg nicht gefährlich genug.
Ab wann ist ein Schulweg so gefährlich, dass eine Grundschülerin ihn nicht zu Fuß zurücklegen muss? Im Fall eines sieben-jährigen Mädchens aus Wegberg bekommen die Eltern die Fahrkosten für den Schulweg ihrer Tochter zu der rund 1,75 Kilometer entfernten Grundschule jedenfalls nicht erstattet. Das geht aus einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen vom Mittwoch hervor (Urt. v. 16.05.2018, Az. 19 A 1453/16).
Das Ehepaar aus dem Kreis Heinsberg sah den Weg als zu gefährlich, schlecht beleuchtet und wenig verkehrssicher an. Außerdem fürchteten sie, ihr Kind könne Opfer sexueller oder gewaltsamer Angriffe werden. Die Stadt müsse ihnen deshalb die Busfahrkosten für ein Schuljahr ersetzen.
VG: Gefährlich, schlecht beleuchtet und wenig verkehrssicher
Nach § 5 der Schülerfahrtkostenverordnung (SchfkVO) müssen Kommunen die Wegekosten für Schülerinnen und Schüler der Primärstufe I nur bei Strecken von mehr als zwei Kilometern ersetzen. Eine Ausnahme: ist der Schulweg besonders gefährlich, können die Kosten auch bei kürzerer Distanz übernommen werden.
In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht (VG) Aachen der Familie Recht gegeben und die Stadt Wegberg verpflichtet, die Kosten für die Tochter im Schuljahr 2015/16 zu zahlen. Denn nach Ansicht der Aachener Richter vom Mai 2016 sei der Schulweg des Mädchens in die Grundschule durchaus risikoreich.
Das Teilstück zwischen dem letzten Wohnhaus im Ortsteil Uevekoven und der Rettungswache in Wegberg könne nicht ausreichend eingesehen werden, es gebe keine Straßenlaternen und es werde auch nicht immer beobachtet, außerdem könne eine Schülerin im Fall eines Übergriffs keine schnelle Hilfe erwarten (Urt. v. 13.05.2016, Az. 9 K 2146/15).
OVG: Alter oder Geschlecht sei bei der Bewertung nicht entscheidend
Das sah das OVG anders. Ein Schulweg sei insbesondere dann besonders gefährlich, wenn er überwiegend entlang einer verkehrsreichen Straße ohne Gehweg oder begehbaren Randstreifen führe oder wenn eine verkehrsreiche Straße ohne besondere Sicherung für Fußgänger überquert werden müsse, erklärte der Senat.
Allerdings führten weder die konkrete Verkehrs- und Beleuchtungssituation noch die von den Eltern angeführten Fälle krimineller Übergriffe im Wegberger Stadtgebiet dazu, dass der Schulweg besonders gefährlich gewesen sei, so die Münsteraner Richter.
Die Gefährlichkeit des Schulwegs lasse sich nach Auffassung des OVG gerade nicht durch die Zugehörigkeit zu einem wegen des Alters oder Geschlechts "risikobelasteten Personenkreis" bewerten. Denn aus diesen Merkmalen sei nicht abzuleiten, dass die Gefahr, auf dem Schulweg Opfer einer Straftat zu werden, erheblich über dem Durchschnitt liege, entschied der 19. Senat - und änderte in diesem Punkt seine bisherige Rechtsprechung.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
OVG NRW verneint Übernahme von Fahrtkosten: . In: Legal Tribune Online, 16.05.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28659 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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