Es musste ganz schnell gehen: Per Twitter wollte der Einsatzleiter der Duisburger Polizei vor einem Stau bei den Einlasskontrollen bei einem Fußballspiel der 3. Liga warnen. Dabei schoss die Polizei laut OVG NRW aber übers Ziel hinaus.
Ein Tweet der Duisburger Polizei war wegen eines Fotos und der der damit verbundenen Aussage rechtswidrig. Das hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) am Montag in Münster entschieden (Urt. v. 28.11.2022, Az. 18 K 16606/7).
Geklagt hatte ein Fan des FC Magdeburg. Die Fußballbegeisterte hatte 2017 ein Spiel ihres Vereins gegen den MSV Duisburg in Duisburg besucht. Beim Einlass war es bei dem Hochrisikospiel zu einem Stau gekommen. Nach Aufruf eines Fangruppenanführers hatten sich ungefähr 100 Magdeburger Fans Regencapes übergezogen. Diese sollten einer Fan-Choreographie dienen. Angemeldet war die aber nicht und die Polizei, die nichts davon wusste, verhinderte den Einlass dieser so bekleideten Fans. Sie befürchtete insbesondere versteckte Pyrotechnik unter den Capes.
Über die so entstandenen Verzögerungen am Einlass informierte die Polizei umgehen bei Twitter: "#MSVFCM Stau am Gästeeingang, einige Fans haben sich Regencapes angezogen, um die Durchsuchung zu verhindern." Das Foto, das dazu gepostet wurde, zeigte auch den Fan aus Magdeburg. Der Tweet wurde zwar später wieder gelöscht, die Brandenburgerin fühlte sich durch den Post aber in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.
Anforderungen des BVerfG nicht eingehalten
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte die Klage der Frau noch abgelehnt, das OVG gab ihr nun jedoch Recht. Unabhängig von der Frage, ob die Polizei für diese in Rechte Dritter eingreifende Öffentlichkeitsarbeit eine gesetzliche Grundlage gebraucht hätte, habe der Tweet nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) an derartige Veröffentlichungen genügt. Vor allem müssten die Tatsachen in solchen Posts nämlich zutreffend und zweckmäßig sein. Die Aussage, dass die Regencapes deshalb übergezogen worden waren, um Durchsuchungen zu verhindern, könne aber nicht belegt werden. Dass es sich dabei also um eine reine Vermutung der Polizei handelte, hätte diese kenntlich machen müssen. Außerdem hätte der Zweck der Information der übrigen noch wartenden Fans sowieso auch ohne diesen Tweet erreicht werden können.
Ob die Brandenburgerin, die sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sah und im Verfahren von Rechtsanwalt Dr. Andreas Hüttl von W. Hippke & Partner vertreten wurde, auf dem Foto überhaupt zu erkennen war, konnte nicht abschließend geklärt werden. Davon müsse aber ausgegangen werden, so der 5. Senat des OVG. Das Originalfoto konnte das Polizeipräsidium Duisburg auf Aufforderung des OVG nicht mehr liefern, was aber zu Lasten der Polizei gehe, wie das OVG klarstellte. Wegen der unsicheren Rechtslage war der originale Twitter-Eintrag gelöscht worden. Stattdessen mussten ein Ausdruck eines Fotos und fünf Jahre alte Bilder der klagenden Frau für den Vergleich herhalten. Ursprünglich war ihr persönliches Erscheinen angeordnet worden. Wegen der aktuellen Bahnprobleme auf der Strecke Berlin-Hannover und der dem Gericht gelieferten Fotos der Frau musste sie letztendlich aber nicht nach Münster reisen.
Das OVG ließ keine Revision zu. Dagegen ist Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig möglich. Somit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
ast/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
Nicht wahr und nicht zweckmäßig: . In: Legal Tribune Online, 28.11.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50310 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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