Das "Antikapitalistische Protestcamp" anlässlich des G20-Gipfels darf 300 zusätzliche Zelte aufstellen. Dies entschied das Hamburgische Oberverwaltungsgericht. Beantragt hatte der Veranstalter allerdings das Fünffache.
Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat entschieden, dass der Anmelder der Veranstaltung "Antikapitalistisches Protestcamp - Alternativen zum Kapitalismus leben und sichtbar machen", deren Teilnehmer im Rahmen des in Hamburg stattfindenden G20-Gipfels protestieren wollen, 300 zusätzliche Zelte aufstellen darf (Beschl. v. 05.07.2017, Az. 4 Bs 148/17).
Das Protestcamp sollte ursprünglich als riesige Zeltstadt mit rund 3.000 Zelten etwa 10.000 Versammlungsteilnehmer auf der großen Festwiese des Hamburger Stadtparks beherbergen, die sich an Demonstrationen rund um den G20-Gipfel beteiligen wollen. Nach einem vorangegangenen Rechtsstreit vor den Verwaltungsgerichten hatte man die Versammlung schließlich in den Elbpark Entenwerder verlegt.
Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 28. Juni festgestellt hat, ist das Protestcamp vorsorglich den Regeln des Versammlungsrechts zu unterstellen. Einschränkungen seien aber zum Schutz der Grünanlage möglich, so das OVG in seiner Begründung. Untersagt werden könnten zudem u.a. solche Zelte und Einrichtungen, die allein der Beherbergung von Personen dienen sollten, welche anderweitig an Versammlungen teilnehmen wollten. Teilnehmern der Veranstaltungen des Protestcamps dienende Schlafzelte und versorgende Infrastruktureinrichtungen seien aber vorsorglich dem Versammlungsrecht zu unterstellen und als Teil der Versammlung zu behandeln.
Gefahr nicht hinreichend begründet
Die nun angemeldete Fläche ist nach Ansicht der Versammlungsbehörde grundsätzlich für die Errichtung eines Protestcamps geeignet. Die Zahl der Schlafzelte, von denen jedes 2-3 Teilnehmer beherbergen könne, sei aber auf 300 zu beschränken, weil damit für alle, die nach den räumlichen Kapazitäten der Veranstaltungszelte an den Veranstaltungen im Protestcamp teilnehmen könnten, auch eine Schlafmöglichkeit bestünde.
Vor dem Aufbau des Camps müsse der Veranstalter aber die Sicherheitsanforderungen nach den Vorgaben der Feuerwehr und des Bezirksamts erfüllen, da er kein eigenes Brand- und Unfallschutzkonzept vorgelegt habe, erklärten die Richter. Zudem müsse auch die Einhaltung der Hygienevorschriften sichergestellt sein.
Die Aufstellung von bis zu 300 Schlafzelten könne jedenfalls nicht im Hinblick auf mögliche Gefahren für Rechtsgüter von Dritten untersagt werden, führte das OVG weiter aus. Die Versammlungsbehörde habe nicht hinreichend begründet, warum der Elbpark Entenwerder trotz seiner Entfernung zur Innenstadt ein "möglicher naheliegender Ausgangspunkt für Blockaden von Protokollstrecken und sonstigen unter Sicherheitsaspekten sensiblen Punkten im Stadtgebiet" sein sollte. Die neu festgelegte Lage des Protestcamps im Elbpark Entenwerder sei daher nicht mit der ursprünglich angestrebten im Stadtpark zu vergleichen.
Keine weiteren Flächen des Parks zugewiesen
Das Verbot der Versammlung auf den übrigen Flächen des Elbparks Entenwerder sei aber gerechtfertigt, erklärte das Gericht. Der Veranstalter hatte deren Nutzung sowie die Aufstellung von 1.500 Zelten beantragt.
Dem folgte das OVG nicht. Der zugewiesene Bereich des Elbparks reiche für die Durchführung der Veranstaltung aus. Die vom Antragsteller beantragte Zuweisung von anderen Flächen des Elbparks sei im Hinblick auf deren größere Schutzbedürftigkeit als Grünanlage sowie der längeren Rettungs- und Fluchtwege abzulehnen.
Die Versammlungsbehörde kündigte unterdessen an, sie werde die Anmelder und die beteiligten Behörden umgehend zu Kooperationsgesprächen einladen. Im Vergleich zu dem ursprünglich angemeldeten Camp mit 10.000 Teilnehmern im Stadtpark ergebe sich ein deutlich verringertes Gefahrenpotenzial. Gleichwohl müssten sich die Stadt und die Polizei auf eine veränderte Sicherheitslage einstellen. Die Organisatoren des Protestcamps seien zweifelsfrei der gewaltbereiten autonomen Szene rund um die Rote Flora zuzurechnen.
Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des OVG ist nicht möglich. Der Veranstalter, der mit seinem Antrag überwiegend unterlag, könnte sich lediglich mit einer Verfassungsbeschwerde wieder an das BVerfG wenden.
mam/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa
OVG gibt Beschwerde teilweise statt: . In: Legal Tribune Online, 05.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23375 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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