Seit dreieinhalb Jahren läuft der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des "Nationalsozialistischen Untergrunds". Zuletzt ging es nur zäh voran. Jetzt will das Gericht die Beweisaufnahme offenbar zum Abschluss bringen.
Im Münchner NSU-Prozess deutet sich das Ende an: Richter Manfred Götzl hat am Donnerstag den psychiatrischen Sachverständigen aufgefordert, "zeitnah" das vorläufige schriftliche Gutachten über die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zu erstellen. Gutachter Henning Saß sagte zu, er wolle in der dritten Oktoberwoche liefern. Das psychiatrische Gutachten markiert in Strafprozessen in der Regel den Schlusspunkt der Beweisaufnahme.
Außerdem hielt Götzl die Prozessparteien an, noch ausstehende Anträge zu stellen. Ob damit das Beweisprogramm seitens des Senats beendet ist, ließ er auf Frage eines Verteidigers hingegen offen. Allerdings forderte Götzl die Hauptangeklagte Beate Zschäpe auf, bald auf alle Fragen zu reagieren, die das Gericht ihr in den letzten Wochen gestellt hatte und die teilweise noch unbeantwortet sind. Zschäpes Verteidiger Mathias Grasel kündigte Antworten für die kommende Woche an.
Saß sagte, er werde in seinem Gutachten auch auf eine mögliche alkoholbedingte eingeschränkte Schuldfähigkeit Zschäpes am 4. November 2011 eingehen. An diesem Tag hatte die Angeklagte die konspirative Wohnung des NSU-Trios in Zwickau in Brand gesteckt. Damit soll Zschäpe laut Anklage das Leben ihrer betagten Nachbarin gefährdet haben. Nach eigener Aussage hatte sie kurz vorher im Radio gehört, dass ihre beiden mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sich in Eisenach das Leben genommen hatten.
Zschäpe bei Brandstiftung möglicherweise über 2 Promille
Der Münchner Rechtsmediziner Oliver Peschel bezifferte Zschäpes damaligen Alkoholpegel am Donnerstag auf "wahrscheinlich" 2,04 oder 2,58 Promille, je nachdem, welches Körpergewicht Zschäpe damals hatte. Bei seiner Berechnung stützte er sich auf Aussagen Zschäpes, die am Vortag drei Flaschen Sekt und am 4. November ab dem Vormittag eine weitere Flasche Sekt getrunken haben will.
Am Nachmittag wurde die Verhandlung am Oberlandesgericht für mehrere Stunden unterbrochen, weil die Verteidigung des mitangeklagten mutmaßlichen NSU-Waffenbeschaffers einen weiteren Befangenheitsantrag gegen das Gericht stellen wollte.
Zschäpe ist wegen zehn überwiegend rassistisch motivierter Morde angeklagt, die Mundlos und Böhnhardt verübt haben sollen. Sie war gemeinsam mit den beiden 1998 in den Untergrund abgetaucht. Am 4. November 2011 waren Mundlos und Böhnhardt nach einem missglückten Banküberfall in Eisenach enttarnt worden.
dpa/nas/LTO-Redaktion
Letzte Beweisanträge im NSU-Prozess: . In: Legal Tribune Online, 22.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20664 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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