Sie sollen sich als harmlose Familie getarnt und so jahrelang Geheimnisse der EU und der NATO an Russland geliefert haben. Ein mutmaßliches Spionage-Ehepaar aus Balingen und Marburg muss sich wegen "geheimdienstlicher Agententätigkeit" ab Dienstag vor dem Stuttgarter OLG verantworten.
Mehrere hundert politische und militärpolitische Dokumente soll das Paar von Deutschland aus an den russischen Geheimdienst SWR weitergeben haben - über "tote Briefkästen" sowie per Satellit und Internet. Dafür erhielten die Eheleute nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft 100.000 Euro pro Jahr.
Mit Alias-Namen und falschen Papieren hatten sich die Angeklagten seit den 1980er Jahren im hessischen Marburg und im baden-württembergischen Balingen eine bürgerliche Existenz aufgebaut. Diese Fassade diente laut Anklage der Spionage. So sollen sich die Eheleute von Oktober 2008 bis August 2011 über einen dritten Agenten Dokumente aus dem österreichischen Außenministerium beschafft haben. Diese habe der Mann über "tote Briefkästen" - also Verstecke, die nur Sender und Empfänger kennen - weitergeleitet. Vor gut einem Jahr flog das Paar auf. Beide sitzen in Untersuchungshaft. Ab Dienstag wird der Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart verhandelt (Az. 4b - 3 StE 5/12).
Nach Angaben von Welt Online droht dem Pärchen, das unter den Namen "Andreas und Heidrun Anschlag" in Deutschland lebte, eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. Allerdings hoffen die beiden laut ihrem Verteidiger Dieter Pötschke, dem früheren Anwalt des Kanzlerspions Günter Guillaume, weiter auf einen Agentenaustausch nach dem Prozess. Der Versuch, schon vor dem Prozess einen Austausch zu vermitteln, war wohl gescheitert.
Für den Prozess sind 31 Verhandlungstage angesetzt.
dpa/plö/LTO-Redaktion
OLG Stuttgart eröffnet Prozess wegen Spionage: . In: Legal Tribune Online, 15.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7963 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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