Nach der Health-Claims-Verordnung dürfen alkoholische Getränke nicht mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden. Ein Bier als "bekömmlich" zu vermarkten, verstößt gegen dieses Verbot, entschied das OLG Stuttgart.
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat am Donnerstag ein Urteil des Landgerichts (LG) Ravensburg bestätigt, das die beklagte Brauerei zur Unterlassung von Werbung für drei ihrer Biersorten mit dem Begriff "bekömmlich" verpflichtet hatte (Urt. v. 03.11.2016, Az. 2 U 37/16). Geklagt hatte ein Verband, zu dessen Aufgaben u. a. die Durchsetzung der Regeln des lauteren Wettbewerbs für seine Mitglieder gehört.
Die beanstandete Werbung verstoße gegen § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in Verbindung mit den Vorschriften der Health-Claims-Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006. Nach dieser Verordnung dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen. Die Brauerei warb für verschiedene Biersorten aber mit Sätzen wie "Bekömmlich, süffig – aber nicht schwer" und "… feinwürzig und herzhaft im Geschmack, erfrischend bekömmlich für den großen und kleinen Durst".
Wörterbücher setzen "bekömmlich" mit "gesund" gleich
Das Gericht stützte sich u. a. auf ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu "bekömmlichem" Wein. Diesem sei zwei keine generelle Aussage zur Verwendung der Bezeichnung "bekömmlich" für alkoholische Getränke zu entnehmen, denn im konkreten Fall habe der Begriff – anders als hier – im Zusammenhang mit einem Hinweis auf den reduzierten Säuregehalt des beworbenen Weins gestanden.
Der Entscheidung lasse sich aber entnehmen, dass Angaben zu den (von der Verordnung erfassten) alkoholischen Getränken frei von jeder Mehrdeutigkeit sein müssen. Zudem habe der Gerichtshof einen Gesundheitsbezug auch dann bejaht, wenn mit einer Angabe impliziert wird, dass negative oder schädliche Auswirkungen für die Gesundheit, die normalerweise mit dem Konsum verbunden sind, bei dem beworbenen Produkt fehlen oder geringer ausfallen.
Nach den gängigen Wörterbüchern sei "bekömmlich" gleichzusetzen mit "zuträglich", "leicht verdaulich" oder "gesund". Auch der Begriff "zuträglich" schließe nicht nur ein allgemeines Wohlbehagen ein, sondern sei im Sinne eines "Langzeitversprechens" zu verstehen, dass das beworbene Lebensmittel auch bei längerem Konsum in keiner Weise schade. Dass manche Konsumenten die Brauerei der Beklagten mit dem Werbespruch "Wohl bekomm's" in Verbindung brächten, schränke den Aussagegehalt nicht ein. "Wohl bekomm's" sei – im Sinne eines Trinkspruchs – ein Wunsch. "Bekömmlich" dagegen ein Versprechen.
acr/LTO-Redaktion
Auch OLG Stuttgart verbietet Brauerei-Werbung: . In: Legal Tribune Online, 03.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21053 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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