Die irische Fluggesellschaft Ryanair kann ihre Fluggäste bei Rechtsstreitigkeiten nicht auf das irische Recht verweisen. Die verwendeten Rechtswahlabreden sind unwirksam, wie nach einem Beschluss des OLG Köln nun rechtskräftig feststeht.
Fluggäste von Ryanair müssen ihre Rechtsstreitigkeiten mit der Fluggesellschaft nicht auf Grundlage des irischen Rechts führen. Entsprechende von der Airline verwendete Rechtswahlklauseln sind unwirksam, wie nun rechtskräftig entschieden ist. Nachdem mit dem Oberlandesgericht (OLG) Köln erstmals ein Obergericht in einem Beschluss die Rechtsmissbräuchlichkeit der Klauseln festgestellt hatte (Beschl. v. 29.01.2021, Az. 9 U 184/20*), nahm Ryanair am Donnerstag seine Berufung zurück.
Für das Verfahren hatte sich ein Inkassounternehmen die Ansprüche mehrerer Fluggäste abtreten lassen. Diese hatten ihre Flüge bei Ryanair nicht angetreten und wollten sich Teilbeträge erstatten lassen. Um ihren Anspruch auf die Steuern und Gebühren beziffern zu können, wendeten sie sich im Wege einer Stufenklage in einem ersten Schritt mit einem Auskunftsbegehren an die Gerichte. Ryanair hatte eine Auskunft stets unter Berufung auf die Geltung irischen Rechts verweigert. Unter anderem das Landgericht (LG) Köln hatte der Klage stattgegeben, weil es die Rechtswahlklausel der Airline für rechtswidrig erachtete.
Auch das OLG Köln hat die Rechtswahlklausel von Ryanair als unwirksam angesehen, weil sie "irreführend, intransparent und daher rechtsmissbräuchlich" sei. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine derartige Abrede bei vertraglichen Schuldverhältnissen wirksam ist, ist grundsätzlich die Rom I-Verordnung. Danach wäre irisches Recht maßgeblich als das Recht des Staates, das zur Anwendung käme, wenn die Rechtswahlklausel wirksam wäre.
Rechtswahlklausel intransparent
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist in einem Vertrag zwischen einem Verbraucher und einer Fluggesellschaft aber auch die europäische Klausel-Richtlinie zu beachten. Nach deren Art. 3 Abs. 1 und 5 müssen Rechtswahlklauseln bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Insbesondere dürfen sie Verbraucher nicht treuwidrig benachteiligen und müssen ausgewogen sowie transparent formuliert sein.
In Sachen Transparenz bereite die von Ryanair verwendete Klausel einem durchschnittlichen Verbraucher ohne juristische Vorkenntnisse so seine Schwierigkeiten, wie das OLG Köln feststellte. Wenn dort geschrieben steht, dass "einschlägige Gesetze" der Geltung des irischen Rechts entgegen stehen können, fehlten jegliche Anhaltspunkte, welche nationalen, europäischen oder internationalen Rechtsvorschriften im Einzelnen gemeint sein könnten.
*Anm. d. Red.: AZ wurde am 02.03.2021, 12.35 Uhr, korrigiert.
Passen die Airlines jetzt ihre Vertragsbedingungen an?
Neben der Intransparenz sei die Rechtswahlklausel für die Verbraucher aber auch irreführend, weil sie nicht auf die vorrangige Flugastrechte-Verordnung hinweise – und das obwohl die europäische Verordnung an anderer Stelle ausdrücklich erwähnt ist. Die Rechtswahlklausel suggeriere im Ergebnis, dass das irische Recht auch der Fluggastrechte-Verordnung vorgehe, was aber gerade nicht der Fall sei, so die Richterinnen und Richter.
Wegen der entsprechend unwirksamen Abrede gilt nach Art. 5 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 Rom-I-Verordnung nun deutsches Recht. Denn nach dieser Vorschrift ist das Recht des Staats entscheidend, in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern sich in diesem Staat auch der Abgangs- oder Bestimmungsort der Reise befindet. Dies war hier in allen Fällen Deutschland.
"Nach Rücknahme der Berufung steht nunmehr rechtskräftig fest, dass die von Ryanair verwendeten Klauseln intransparent und irreführend sind. Diese Entscheidung hat auf eine Vielzahl von Fluggesellschaften Auswirkung, da ähnliche Klausel auch von anderen Fluggesellschaften verwendet werden", erläutert Dr. Pierre Plottek, Prozessbevollmächtigter des Inkassounternehmens in diesem Verfahren. Spannend bleibt seiner Auffassung nach, "ob Ryanair und weitere Fluggesellschaften ihre Klauseln nun anpassen werden."
mgö/LTO-Redaktion
Berufung zurückgenommen: . In: Legal Tribune Online, 26.02.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44373 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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