OLG Köln widerspricht Vorinstanz: "Schwul" kann Belei­di­gung sein

29.04.2022

Ein YouTuber wehrte sich dagegen, "schwul" und "Bastard" genannt zu werden. Doch nur "Bastard" sei beleidigend, meinte das LG Köln. Dem widersprach das OLG nun deutlich. Auch "schwul" könne diskriminierend sein.

Die Bezeichnung einer anderen Person als "schwul" kann eine Beleidigung sein. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem Beschluss, der LTO exklusiv vorliegt (Beschl. v. 26.04.2022, Az. 15 W 15/22). Das OLG betont, dass es im Äußerungsrecht immer auf den konkreten Kontext ankommt.

Hintergrund des Falles ist eine Instagram-Story des YouTubers A.B.K., in der wiederum der YouTuber KuchenTV von einem unbekannten Dritten als "Bastard" und "schwul" bezeichnet wird. Dagegen wehrte sich KuchenTV gerichtlich und hatte vor dem Landgericht (LG) Köln zunächst nur Erfolg in Bezug auf die Bezeichnung als "Bastard" – nicht jedoch in Bezug auf "schwul". Gegen diese Entscheidung zog er weiter vor das OLG – mit Erfolg. A.B.K., der sich die Äußerung durch den Einbau in seine Video-Collage zu Eigen gemacht habe, muss die Äußerung daher künftig unterlassen.

"Schwul" laut Duden auch diskriminierend

Der durchschnittliche Instagram-User fasse die Äußerung "schwul" im konkreten Kontext als Beleidigung auf – allein schon, weil ein paar Sekunden später die Bezeichnung "Bastard" fiel und das unzweifelhaft eine Beleidigung sei. Es könne auch offenbleiben, ob die Äußerung rein wertend sei oder auch Tatsachen über die sexuelle Orientierung KuchenTVs enthalte. KuchenTV kommuniziere nämlich öffentlich, dass er in einer heterosexuellen Beziehung lebt. Deswegen würde die Bezeichnung als "schwul" ohnehin unwahr sein.  

Doch auch unabhängig von der tatsächlichen sexuellen Orientierung sei die Äußerung zu unterlassen. Das OLG greift auf den Duden zurück, nach dem "schwul" in der Jugendsprache die Bedeutung "in Verdruss, Ärger, Ablehnung hervorrufender Weise schlecht, unattraktiv und uninteressant" habe und damit bei der Verwendung in diesem Sinne als diskriminierend gelte. Letztlich überwiege auch das Persönlichkeitsrecht KuchenTVs der Meinungsfreiheit von A.B.K. Es sei nicht erkennbar, dass die Äußerung auf einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung abziele.

Die Kanzlei Höcker, die KuchenTV in dem Prozess vertreten hat, begrüßt die Entscheidung des OLG. "Es gibt leider immer noch genug Vorgestrige, die Worte wie 'schwul', 'behindert' oder 'Jude' als Beleidigung verwenden", so Dr. René Rosenau, Rechtsanwalt bei Höcker in Köln. "Solche Personen darf man mit ihrer menschenfeindlichen Einstellung aber nicht davonkommen lassen, indem man ihr Verhalten sanktionslos stellt", so Rosenau weiter. 

pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Köln widerspricht Vorinstanz: . In: Legal Tribune Online, 29.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48297 (abgerufen am: 15.11.2024 )

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