OLG Köln zu Jameda: Funk­tionen der Bewer­tungs­platt­form teils unzu­lässig

14.11.2019

Mehrere frühere und aktuelle Ausgestaltungen der Ärzte-Bewertungsplattform Jameda sind unzulässig, so das OLG Köln. Die Plattform gewähre zahlenden Ärzten "verdeckte Vorteile" und verlasse die Rolle des "neutralen Informationsmittlers".

Zwei Ärzte haben das Online-Bewertungsportal Jameda erfolgreich auf Löschung des ohne ihr Einverständnis angelegten Profils verklagt. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschied am Donnerstag, dass mehrere frühere bzw. aktuelle Ausgestaltungen der Plattform unzulässig sind (Urt. v. 14.11.2019, Az. 15 U 89/19 und 15 U 126/19).

Vor Gericht kam es darauf an, ob die Plattform Jameda ihre grundsätzlich geschützte Position als "neutrale Informationsmittlerin" dadurch verlassen hat, dass sie den zahlenden Kunden "verdeckte Vorteile" zukommen lässt, wie die Richter meinten. Davon sei auszugehen, wenn die ohne ihre Einwilligung aufgenommenen Basiskunden auf dem Portal als "Werbeplattform" für Premiumkunden benutzt würden und letzteren durch besondere Darstellung ein Vorteil gewährt werde, der für die Nutzer aber nicht erkennbar sei. Nach Ansicht des Senats diene das Portal dann nicht mehr allein dem Informationsaustausch zwischen (potentiellen) Patienten. In diesem Fall müssten Ärzte nicht hinnehmen, ohne ihre Einwilligung als Basiskunden aufgeführt zu werden.

Konkret unterzog der Senat dabei die verschiedenen Funktionen der Plattform einer Einzelfallbetrachtung und beanstandete insgesamt vier von ihnen. Eine davon war ein mittlerweile abgeschaffter Button, mit dem auf den Basisprofilen weitere Ärzte in der Nähe angezeigt werden konnten. Bei den Premiumkunden fehlte der Button aber. Dadurch ist laut Senat der unzutreffende Eindruck erweckt worden, die Premiumkunden hätten keine örtliche Konkurrenz – der Button sei als "Absprungplattform" auf die Profile anderer Ärzte anzusehen. 

Mehrere verdeckte Vorteile, Revision zugelassen

Auch die unterschiedliche bildliche Darstellung zwischen Basis- und Premiumkunden in Auflistungen stelle - anders als bei der bildlichen Darstellung auf den einzelnen Profilen - einen verdeckten Vorteil dar. Dadurch werde, so der Senat, ein erhebliches "optisches Gefälle" zwischen Basiskunden und Premiumkunden erzeugt, womit die Plattform im Vorfeld der endgültigen Arztwahl lenkend in den Wettbewerb zwischen den örtlichen Konkurrenten eingreife. Dasselbe gelte für den Verweis auf Fachartikel von zahlenden Ärzten, der auch nicht auf jedem Profil erfolge.

Schließlich sei auch der Hinweis auf dem Profil der Basiskunden auf Ärzte mit speziellen Behandlungsgebieten auf demselben Fachgebiet ein unzulässiger verdeckter Vorteil. Durch den Hyperlink könne beim Nutzer der Eindruck entstehen, dass der Arzt möglicherweise nicht ausreichend qualifiziert sei, weil auf seinem Profil auf weitere Kollegen für das "spezielle" medizinische Fachgebiet verwiesen werde. Bei Premiumkunden wird der Hinweis nämlich nicht angezeigt.

Andere Funktionen des Portals, wie etwa die Möglichkeit von Premiumkunden, auf dem Profil in größerem Umfang die angebotenen ärztlichen Leistungen anzugeben als bei Basiskunden, hat der Senat dagegen nicht beanstandet. Er lies aber in beiden Verfahren die Revision zu. Die Frage, in welchen Fällen eine Bewertungsplattform die Rolle als "neutrale Informationsmittlerin" verlässt, sei in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht vollständig geklärt und werde für eine Vielzahl künftiger Verfahren Bedeutung haben.

Jameda beschäftigt die Gerichte nicht zum ersten Mal. Bereits 2014 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass Ärzte keinen Anspruch auf Löschung ihrer Basisdaten und Bewertungen auf dem Portal haben. Im Februar 2018 entschied der BGH aber, dass das Portal dabei neutral bleiben muss

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Köln zu Jameda: . In: Legal Tribune Online, 14.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38711 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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