Das routinemäßige Töten männlicher Eintagsküken ist auch nach Ansicht des OLG Hamm derzeit nicht strafbar. Das Gericht bestätigte einen Nichteröffnungsbeschluss des LG Münster.
Die Anklage gegen einen Betreiber einer Kükenbrüterei ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm zu Recht nicht zugelassen worden. Das entschieden die Richter am Dienstag, der Beschluss ist rechtskräftig (Beschl. v. 10.05.2016, Az. 4 Ws 113/16). Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Münster gegen den Nichteröffnungsbeschluss des Landgerichts (LG) Münster brachte somit keinen Erfolg.
Die Behörde hatte Anklage wegen des massenhaften Tötens männlicher Küken erhoben. Die Praxis stelle einen strafbaren Verstoß gegen das Tierschutzgesetz (TierSchG) dar, da kein vernünftiger Grund gegeben sei. Das LG hatte die Anklage aber nicht zur Hauptverhandlung zugelassen.
Das OLG stimmte der Entscheidung der Kollegen aus Münster zu. Bei der Auslegung des § 17 Nr.1 (TierSchG) müssten auch die einschlägigen EU-Verordnungen berücksichtigt werden, in denen "detaillierte Regelungen über das technische Verfahren zur Tötung männlicher Eintagsküken" enthalten seien. Diese Verordnungen wären nicht erlassen worden, wenn das wirtschaftlich motivierte Töten männlicher Eintagsküken als Straftat gelten sollte, so der Beschluss.
Was jahrelang erlaubt war, wird nicht auf einmal zur Straftat
Ebenfalls zu berücksichtigen seien die jüngsten Bestrebungen und Gesetzesvorhaben zur Änderung des Tierschutzgesetzes, mit denen das routinemäßige Töten von Eintagsküken beendet werden soll. Einer solchen Änderung bedürfe es nicht, wenn die Praxis bereits nach geltendem Recht strafbar wäre.
Wie schon die Vorinstanz betonte jetzt auch das OLG die Bedeutung des Bestimmtheitsgrundsatzes, demzufolge eine Tat nur dann bestraft werden darf, wenn sich ihre Strafbarkeit klar aus dem Gesetz ergibt. Auch wenn der Tierschutzgedanke im Laufe der letzten Jahrzehnte weiterentwickelt worden und inzwischen im Allgemeinbewusstsein verankert sei, könne dies nicht dazu führen, dass eine jahrelange behördlich geduldete Praxis ohne ein gesetzgeberisches Tätigwerden strafbar werde.
una/LTO-Redaktion
Auch OLG Hamm sieht keine Straftat: . In: Legal Tribune Online, 11.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19359 (abgerufen am: 17.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag