Auf dem deutschen Internetauftritt einer französischen Airline schoss ein Fluggast ein Schnäppchen, das ihm die Fluggesellschaft aber nachträglich stornierte. Klagen kann er deswegen aber nicht in Deutschland, so das OLG.
Mit dem vermeintlichen Schnäppchenflug aus dem Internet ist es nichts geworden und zumindest vor den deutschen Gerichten waren die Bemühungen eines Fluggastes bisher nicht erfolgreich: Sein Vertrag mit einer ausländischen Gesellschaft über eine deutsche Internetseite begründet nicht allein für sich genommen schon die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil. Der Buchungsvorgang müsse einen Bezug zu einer deutschen Niederlassung haben (Urt. v. 16.01.2020, Az. 16 U 208/18).
Anlass zu der Entscheidung gab der Fall eines deutschen Fluggasts, der zunächst bei dem Landgericht (LG) in Frankfurt am Main eine Klage gegen die französische Fluggesellschaft Air France eingereicht hatte. Über die Webseite "airfrance.de" hatte er ein Ticket für einen Flug von San Francisco nach Paris in der First-Class und einen Weiterflug von Paris nach London in der Business-Class für insgesamt knapp 600 Euro gebucht - ein objektiv betrachtet sehr günstiger Preis. Nachdem er das Geld überwiesen hatte, bestätigte die Airline seine Buchung und schickte ihm ein elektronisches Ticket. Dort war eine Frankfurter Adresse als Ausstellungsort und eine Telefonnummer mit Frankfurter Vorwahl als Kontakt angegeben. Das Impressum auf der Internetseite wies eine deutsche Niederlassung aus.
Einen Tag nach der Buchung teilte ihm Air France von der E-Mail-Adresse "Customer Care Europe" auf Englisch mit, dass sein Ticket wegen eines Systemfehlers storniert worden sei und man ihm die 600 Euro zurückerstatte. Ein vergleichbarer Flug hätte zu diesem Zeitpunkt 10.578,86 Euro gekostet. Vor dem LG Frankfurt verlangte der Mann Schadensersatz in Höhe dieses Flugpreises. Erfolg hatte er mit seiner Klage aber nicht, weil das deutsche Gericht sich bereits als international unzuständig ansah.
Bloß eine Marketingabteilung in Deutschland
Nun hat auch das OLG die internationale Zuständigkeit der Frankfurter Gerichte verneint. Nach den Regeln zur internationalen Zuständigkeit bestimmt sich, welcher Staat den Rechtsstreit zu entscheiden hat. Für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist das Zivilverfahrensrecht in mehreren Verordnungen vereinheitlicht, genauer gesagt in der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung (EuGVVO), auch Brüssel I-VO genannt.
Entscheidend für diesen Fall ist nach Ansicht der Frankfurter Richter Art. 7 Nr. 5 EuGVVO. Danach kann eine Partei auch an dem Gerichtsstand eines anderen Mitgliedsstaates verklagt werden, wenn sie dort eine Zweigniederlassung, eine Agentur oder eine sonstige Niederlassung betreibt, die einen Bezug zu der Rechtsstreitigkeit aufweist. An letzterer Voraussetzung ließ das Gericht die Zulässigkeit allerdings scheitern.
Denn in Frankfurt am Main befinde sich zwar die Marketingabteilung und auch der Sitz des Geschäftsführers von Air France für Deutschland, heißt es in dem Urteil. Aber weder die Bestätigung noch das Ticket seien von den dortigen Mitarbeitern ausgestellt worden.
Internetseite wird von Frankreich aus betrieben
Für einen sonstigen Bezug ließ das OLG auch nicht die deutschsprachige Internetseite von Air France ausreichen, weil diese nicht von der Frankfurter Niederlassung aus betrieben werde. Von dort könnten die Inhalte nicht geändert werden, so der Senat. Die Fluggesellschaft habe dargelegt, dass sich die Daten der Webseite bei einem externen Provider in Paris befänden.
Das Impressum auf der Internetseite zeige lediglich, dass es auch eine Präsenz in Deutschland gebe. Die dort angegebene französische E-Mail-Adresse spreche allerdings dafür, dass die Webseite von Paris aus Betrieben werde. Reine Rechtsscheingesichtspunkte könnten die internationale Zuständigkeit jedenfalls nicht begründen.
Das OLG entschied deswegen, dass die Niederlassung in Deutschland nicht an dem Rechtsverhältnis zwischen Air France und dem deutschen Fluggast beteiligt gewesen sei. Weil die Frage nach der internationalen Zuständigkeit bei Internetbuchungen grundsätzliche Bedeutung habe, hat der Senat allerdings die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen.
mgö/LTO-Redaktion
OLG Frankfurt verneint internationale Zuständigkeit: . In: Legal Tribune Online, 29.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39969 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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