Entzug der Fahrerlaubnis nach Trunkenheitsfahrt: OLG Frank­furt stellt E-Scooter mit Autos gleich

05.06.2023

Don't drink and drive – auch nicht mit dem E-Scooter. Andernfalls endet der Heimweg nach dem Kneipenbesuch regelmäßig mit dem Entzug der Fahrerlaubnis, so das OLG Frankfurt, das E-Scooter damit anderen Kfz gleichstellt.

Wer sich einer Trunkenheitsfahrt auf einem E-Scooter schuldig macht, ist in aller Regel zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main (Urt. v. 08.05.2023, Az. 1 Ss 276/22). Das OLG stellt E-Scooter damit anderen Kraftfahrzeugen (Kfz) gleich.

Wodka-Soda und ein paar Bier – am Ende dieses feucht-fröhlichen Abends kam der in diesem Fall Angeklagte auf stattliche 1,64 Promille. Kann man mal machen, doch neben den Leberwerten gibt es noch ein weiteres Problem: Wie nach Hause kommen? Oder konkreter: Wie legal nach Hause kommen?

Nachtbus gerade verpasst, Taxi zu teuer – was dann? Auto darf man mit 1,64 Promille selbstverständlich nicht mehr fahren. Vielmehr macht sich nach ständiger Rechtsprechung wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB strafbar, wer mit 1,1 Promille oder mehr ein motorisiertes Gefährt nutzt. Für E-Scooter gilt nichts anderes. Auch das Fahrrad wäre vorliegend tabu gewesen – hier ist ab 1,6 Promille die Strafbarkeit gegeben.

Wenig überraschend daher, dass der Angeklagte vom Amtsgericht wegen Trunkenheit im Verkehr zu 30 Tagessätzen à 20 Euro verurteilt wurde. Hiergegen wehrte er sich auch nicht.

Streit um den Entzug der Fahrerlaubnis

Dass die Sache ans OLG gelangte, hat mir einer weiteren Rechtsfolge der Trunkenheitsfahrt zu tun, die Kandidat:innen zum 2. Staatsexamen reflexartig mitprüfen sollten: dem Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 StGB.

Der besagt: "Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges […] begangen hat, verurteilt […], so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist." Eine Verkehrsstraftat lag hier eindeutig vor. Doch das Amtsgericht verneinte die zweite Voraussetzung: dass der Angeklagte zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei.

Das überrascht, denn der zweite Absatz der Vorschrift macht deutlich, dass es im Fall einer Trunkenheitsfahrt nach § 316 Abs. 1 StGB nicht viel zu diskutieren gibt; vielmehr "ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen". Von dieser Regel kann abgewichen werden, allerdings nur, "wenn sich die Tatumstände von denen eines Durchschnittsfalls deutlich abheben", so das OLG laut Pressemitteilung.

E-Scooter ebenso gefährlich wie Autos

Im Gegensatz zur Vorinstanz hält das OLG dabei für irrelevant, dass der Angeklagte E-Scooter und nicht Auto gefahren war, und stellt dabei auf die Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr ab, durch die E-Scooter laut OLG den gleichen Regeln unterworfen werden wie andere Kfz.

Es schmettert auch das Argument des Amtsgerichts ab, die Benutzung eines E-Scooters sei für Dritte allgemein weniger gefährlich als die Nutzung eines Autos. Das wiederum überrascht durchaus, denn zivilrechtlich werden E-Scooter sehr wohl anders behandelt: Halter von E-Scootern unterliegen nicht der Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), weil sie auf 20 Stundenkilometer gedrosselt sind und für sie damit die entsprechende Ausnahme des § 8 StVG greift. Dass das StVG hier von einer generell geringeren Betriebsgefahr ausgeht, wird zwar von Expert:innen kritisiert, ist aber geltendes Recht.

Die Gefährlichkeit macht das OLG vorliegend jedoch nicht an statistischen Häufigkeiten fest; vielmehr genügt ihm für die Gleichsetzung von Autos und E-Scootern der (sicher richtige) Hinweis, dass die Nutzung beider Fahrzeuge tödliche Folgen haben kann.

Im Ergebnis hatte die Staatsanwaltschaft mit ihrer Sprungrevision somit Erfolg. Der Angeklagte ist seine Fahrerlaubnis damit los, Rechtsmittel stehen ihm nicht mehr offen.

mk/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Entzug der Fahrerlaubnis nach Trunkenheitsfahrt: . In: Legal Tribune Online, 05.06.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51919 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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