Parteien vor Gericht müssen grundsätzlich miteinander kommunizieren können, auch wenn eine der beiden das nicht möchte. So muss die einmalige Kontaktaufnahme per Brief laut OLG Celle nicht gleich eine Persönlichkeitsrechtsverletzung sein.
Mit seinem Urteil vom Donnerstag entschied das Oberlandesgericht (OLG) Celle, dass die einmalige Kontaktaufnahme einer Streitpartei durch einen persönlichen Brief entgegen dem Wunsch des Gegners nicht gleich eine Persönlichkeitsrechtsverletzung ist (Urt. v. 28.05.2015, Az. 13 U 104/14).
Die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten, Bettina Wulff, mahnte den Bauer Verlag wegen einer vermeintlich unzulässigen Bildberichterstattung ab. Die Abmahnung schloss mit der Formulierung: "Unsere Mandantin ist für eine Antwort im Bezug auf dieses Schreiben nicht empfangsbereit. Sie wünscht nicht direkt diesbezüglich angeschrieben zu werden, sondern dass die Rechtsangelegenheit ausschließlich [...] mit der Kanzlei abgewickelt wird." Der Verlag schrieb Wulff dennoch direkt an und lud sie zu einem klärenden Gespräch ein.
Daraufhin klagte Wulff vor dem Landgericht darauf, dem Bauer Verlag zu untersagen, sie in vergleichbaren Fällen anzuschreiben. Das Landgericht gab der Klage statt, die Beklagte ging in Berufung. In zweiter Instanz hatte der Verlag mit seinem Klageabweisungsantrag Erfolg.
Einladung zum Klärungsgespräch begründet überwiegendes Interesse
Nach Auffassung der OLG-Richter kann in der Kontaktaufnahme prinzipiell eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolgt. Dazu müsse allerdings das Persönlichkeitsrecht des Adressaten das Interesse des Absenders, mit ihm direkt in Kontakt zu treten, überwiegen.
Der Aufwand, das Schreiben ungelesen oder nach Lektüre der Anfangszeilen an den eigenen Anwalt weiterzuleiten, sei nicht nennenswert. Auch übe das Schreiben keinen Zwang auf die Klägerin aus, mit der Beklagten zu debattieren, und es enthalte ebenso wenig suggestive Mittel. Objektiv sei es nach Meinung der Richter nicht geeignet gewesen, die Klägerin zu verunsichern, da es sachlich gefasst sei und keine ehrverletzenden Äußerungen enthalte.
Demgegenüber sei zu berücksichtigen, dass in einer rechtlichen Auseinandersetzung einer Partei grundsätzlich die Möglichkeit gegeben sein müsse, Kontakt zu ihrem Gegner aufzunehmen, um eine argumentative Klärung des Streits herbeizuführen. Ein solches Interesse sei schon aufgrund der allgemeinen Meinungsfreiheit geschützt. Der Bauer Verlag habe ein persönliches Gespräch angeboten, um eine grundsätzliche Klärung herbeizuführen. Frau Wulff hätte höchstpersönlich dazu bereit sein müssen, weshalb es nicht sachfremd gewesen sei, sie unmittelbar anzuschreiben.
Ob das Interesse der Klägerin bei - hier nicht in Frage stehenden - wiederholten direkten Kontaktaufnahmen anders zu bewerten wäre, muste das Gericht nicht beurteilen.
ms/LTO-Redaktion
OLG Celle zur Kommunikation im Rechtsstreit: . In: Legal Tribune Online, 29.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15691 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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