"Allahu Akbar" – unter diesem Namen hat ein heute 23-Jähriger einen Chat betrieben und junge Männer zur Ausreise zum IS überreden wollen. Nun hat er gestanden und wurde zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt.
Bereits nach vier Verhandlungstagen hat der 1. Staatsschutzsenat des Oberlandesgericht Celle (OLG) einen 23-jährigen Angeklagten wegen der Anwerbung von Mitglieder für den sogenannten Islamischen Staat (IS) schuldig gesprochen (Az.: NZS 4 - 1/17). Die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, wie das Gericht mitteilte.
Ursprünglich waren sieben Verhandlungstage geplant, das Verfahren kam nun so schnell zum Abschluss, weil der Angeklagte die Tatvorwürfe gestand. Er habe damals aus Einsamkeit und auf der Suche nach Anerkennung gehandelt, erklärte der in Hannover geborene Türke.
Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft ihm die Unterstützung einer Terrorgruppe im Ausland sowie das Rekrutieren von Mitgliedern zur Last gelegt, (§§ 129b Abs. 1 und 2 i. V. m. § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. Satz 2, 1. Alt. StGB, § 53 StGB, §§ 1, 105 JGG). Das Gericht ließ den Anklagepunkt der Unterstützung aber fallen und hielt nur das Werben von Mitgliedern für eine Terrorgruppe nach § 129 a Abs. 5 S. 2, 1. Alt. StGB in zwei Fällen für beweisbar.
Zu der Chatgruppe gehörten auch IS-Kämpfer
Der Angeklagte hatte eine Whatsapp-Gruppe mit der arabischen Formel "Allahu Akbar", auf Deutsch "Gott ist groß", eingerichtet. Zeitweise soll er Administrator der Gruppe gewesen sein. Unter den etwa 50 Teilnehmern des Chats sollen auch aktuelle und ehemalige Kämpfer des IS gewesen sein. Zwischen März und Juli 2015 fügte der damals noch 20-jährige Angeklagte zwei weitere Teilnehmer zu dieser Gruppe hinzu. Er schickte ihnen Nachrichten, in denen er sie aufforderte, sich dem IS in Syrien als Mitglied anzuschließen, und bot ihnen Hilfe und Unterstützung bei ihrer Ausreise durch andere Chatmitglieder sowie finanzielle Unterstützung an.
Einem Facebook-Freund namens "Mo Zart" aus Frankfurt soll er während dessen Ausreise zum IS in Sprachnachrichten Tipps gegeben haben. Erst an der türkisch-syrischen Grenze gab der 21-Jährige sein Vorhaben auf, für die Terrormiliz zu kämpfen.
Er habe das aus Einsamkeit und auf der Suche nach Anerkennung gemacht, erklärte der Mann im Prozess. Demnach spielte er damals nächtelang Computerspiele: Zwischen März und Juli 2015 seien bei ihm die Grenzen zwischen Realität und virtueller Welt verschwommen.
Ein von der Realität abgeschottetes Leben im Internet?
Da der Angeklagte zum Zeitpunkt der Taten zwar 18, aber noch keine 21 Jahre alt war, galt er nach dem Gesetz als Heranwachsender. Deshalb war es möglich, auf ihn das Jugendstrafrecht anzuwenden. Der Senat des OLG war damit den Empfehlungen der Jugendgerichtshilfe gefolgt, weil der Angeklagte nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung zum Tatzeitpunkt noch einem Jugendlichen gleichgestanden habe. Er wohnte zur Tatzeit und bis heute noch bei seinen Eltern, hatte weder einen Beruf erlernt noch einen Ausbildungsplatz in Aussicht und verbrachte seine Freizeit fast ausschließlich mit Computerspielen und in sozialen Netzwerken ohne relevante Beziehungen zu seiner Außenwelt.
Als Sanktion hatte die Generalstaatsanwaltschaft eine Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten gefordert, die Verteidigung beantragte eine Jugendstrafe von einem Jahr und die Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung.
Aus Sicht des Senats konnte "nicht mit der erforderlichen Sicherheit beurteilt werden, ob die schädlichen Neigungen bei dem Angeklagten gegenwärtig in einem solchen Umfang vorhanden sind, der die Verhängung einer Jugendstrafe erforderlich macht." Er hat die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe deshalb nach § 27 JGG für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt und ihm verschiedene Weisungen erteilt. Gegen die Entscheidung ist noch die Revision möglich.
OLG Celle verurteilt nach Jugendstrafrecht: . In: Legal Tribune Online, 20.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30435 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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