Eine Familie verliert Haus und Grundstück, weil ein Amtsgericht einen Fehler begangen hat. So geschehen in Brandenburg und bestätigt durch das dortige OLG. Die letzte Hoffnung der Familie im Instanzenzug ist nun der BGH.
Die Familie, die wegen eines Behördenfehlers ihr selbst errichtetes Einfamilienhaus verlieren soll, will gegen ein Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) beim Bundesgerichtshof (BGH) vorgehen. Im entsprechenden Fall sei eine Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht worden, bestätigte ein BGH-Sprecher am Dienstag. Das OLG hatte Ende Juni entschieden, dass die Familie ihr Grundstück verlassen und ihr darauf gebautes Eigenheim abreißen muss. Zunächst hatte die Märkische Allgemeine berichtet.
Eine Revision gegen das Urteil hatte das OLG nicht zugelassen. Dies geschieht gemäß § 543 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nur, wenn "die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat" oder aus Gründen der Rechtsfortbildung oder zur "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" eine höchstrichterliche Entscheidung erforderlich ist. Diese Fälle hatten die Brandenburger Richter offenbar für nicht einschlägig gehalten.
Gegen die Nichtzulassung der Revision geht die Familie nun mit der Beschwerde vor. Damit kann sie eine Entscheidung des BGH darüber erwirken, ob die Revisionsvoraussetzungen – grundsätzliche Bedeutung des Falls oder Erfordernis einer höchstrichterlichen Entscheidung – nicht doch vorliegen. Voraussetzung für die Beschwerde ist neben der form- und fristgerechten Einlegung nur, dass die "mit der Revision geltend zu machende Beschwer 20.000 Euro übersteigt" (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das dürfte bei einem mit Haus bebauten Grundstück im Speckgürtel von Berlin klar der Fall sein.
Ein folgenschwerer Fehler des Amtsgerichts
Die Familie hatte das etwa 1.000 Quadratmeter große Grundstück 2010 im knapp südlich der Berliner Stadtgrenze gelegenen Rangsdorf bei einer Zwangsversteigerung im Amtsgericht (AG) Luckenwalde regulär erworben – glaubten jedenfalls zunächst alle: Das Bauland wurde versteigert, weil der Erbe des Grundstücks Schulden bei der Stadt Freiburg hatte und angeblich nicht erreichbar war. Nachdem die Familie hohe Kredite aufgenommen und dort ihr Haus gebaut hatte, meldete sich der Erbe und forderte das Grundstück vor Gericht zurück.
Das Landgericht Potsdam entschied darauf im Jahr 2014, dass das AG entgegen der sich aus § 1964 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergebenden Nachforschungspflicht versäumt habe, nach dem Erben in ausreichendem Maße zu suchen. Daher sei die Zwangsversteigerung nicht rechtens und der Erbe weiterhin Eigentümer des Grundstücks. Dies bestätigte das Brandenburgische OLG Ende Juni und ordnete zusätzlich die Herausgabe des Grundstücks samt Entschädigung an.
Das Justizministerium in Brandenburg wollte sich zu dem Fall explizit nicht äußern, da man in dem Fall mit der Familie Stillschweigen vereinbart habe. Das Ministerium befindet sich in Verhandlungen über eine Entschädigung mit der Familie. Diese aber will nun zunächst versuchen, vor dem BGH Recht zu bekommen – sodass es zum Abriss und zur Räumung gar nicht erst kommen muss.
Vorerst jedenfalls darf die Familie in Rangsdorf wohnen bleiben, denn schon das OLG hatte ihr eine Räumungsfrist bis zum 29. Juni 2024 bewilligt.
dpa/mk/LTO-Redaktion
Nach Gerichtsfehler bei Zwangsversteigerung: . In: Legal Tribune Online, 01.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52391 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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