Das von dem Gesundheitsamt ausgesprochene Tätigkeitsverbot für eine nicht gegen Covid-19 geimpfte Sekretärin einer Klinik ist rechtmäßig. Auch wenn andere Gesundheitsämter untätig sind, verneinte das OVG einen Gleichheitsverstoß.
Gegenüber einer als Sekretärin in einem Krankenhaus angestellten Frau darf ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden, wenn diese nicht gegen das Corona-Virus geimpft ist. Das entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in einem Eilverfahren mit Beschluss vom 16. September 2022 (Az. 13 B 859/22).
Die Sekretärin hatte weder einen Genesenen-, noch einen Impfnachweis gegen das Coronavirus (SARS-CoV-2) vorlegen können. Dabei hätte sie aufgrund der geltenden Gesetzeslage über einen solchen verfügen müssen, da sie als Angestellte in einem Krankenhaus tätig ist.
Das Gesundheitsamt hatte daraufhin ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot ausgesprochen. Gegen dieses wehrte die Sekretärin sich in der ersten Instanz beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Az. 2 L 820/22) vergeblich. Nun entschied auch das OVG NRW, dass das Betretungsverbot nicht verfassungswidrig sei und lehnte den Eilantrag ab.
Unerheblich, ob Pflege- oder Verwaltungspersonal
Zur Begründung verwies es im Wesentlichen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungsmäßigkeit der einrichtungsbezogenen Nachweispflicht vom April 2022. Bei vorläufiger Prüfung im Eilverfahren sei nicht festzustellen, dass sich die wissenschaftliche Erkenntnislage seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts derart geändert habe, dass die ursprüngliche Annahme des Gesetzgebers offenkundig unzutreffend geworden sei.
Darüber hinaus habe das Gesundheitsamt eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung getroffen. Unerheblich sei insbesondere, dass es sich nicht etwa um Pflegepersonal handle, sondern um eine Sekretärin. Diese habe nicht geltend gemacht, dass jeglicher Kontakt zu Patient:innen und Mitarbeitenden ausgeschlossen werden könne.
Auch das BVerfG hatte es in seinem Beschluss vom April als unerheblich eingestuft, dass selbst bei Verwaltungsangestellten und Küchenpersonal, das kaum Kontakt mit Kranken und Pflegebedürften hat, eine Impfpflicht besteht. Es bestünde die Gefahr der mittelbaren Ansteckung von vulnerablen Gruppen durch Ansteckung von Arzt- und Pflegepersonal und schließlich wiege hier auch der Eingriff nicht so schwer, da etwa bei Verwaltungspersonal im Gegensatz zu Ärzten oder Pflegepersonal ein Arbeitsplatzwechsel weg von der Gesundheitsbranche möglich sei. Diese Auffassung des BVerfG wurde teilweise als undifferenziert kritiisiert.
Trotz "flächendeckender" Nichtanwendung des Gesetzes kein Gleichheitsverstoß
Das OVG äußerte in seiner Entscheidung auch Kritik an den Gesundheitsämtern in NRW. Die Sekretärin habe einen Gleichheitsverstoß beklagt, weil andere Kommunen keine vergleichbaren Betretungs- und Tätigkeitsverbote ausgesprochen haben. Das Gericht in Münster wirft den Gesundheitsämtern vor, das Infektionsschutzgesetz "faktisch nicht anzuwenden". Flächendeckend keine Verbote auszusprechen sei mit dem Zweck der Vorschrift nicht vereinbar, heißt es in der Beschlussbegründung.
Doch in der Sache half der Sekretärin auch die Rüge des Gleichheitsverstoßes nicht weiter. Auch bei vorliegender, unterschiedlicher Handhabung der Gesundheitsämter sei ein Gleichheitsverstoß nicht anzunehmen, so das OVG. Einzelfallentscheidungen der Verwaltung müssten sich vor dem Gleichheitssatz nur in ihrem jeweiligen Kompetenzraum rechtfertigen. Wegen des eingeräumten Ermessensspielraums kann das Argument einer ungleichen Behandlung daher nur innerhalb derselben Behörde greifen, also nicht bei einem unterschiedlichen Vorgehen verschiedener Gesundheitsämter.
Der Beschluss ist unanfechtbar, die Entscheidung somit rechtskräftig.
ku/LTO-Redaktion
Mit Material der dpa
OVG-NRW verneint auch Gleichheitsverstoß: . In: Legal Tribune Online, 19.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49657 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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