Auch nach sechs Monaten Aufenthalt in Deutschland steht EU-Ausländern kein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen zu, so das LSG Mainz im Februar. Das gilt auch für ihre Familienangehörigen, entschied das Gericht nun.
Bereits im Februar dieses Jahres hatte das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz entschieden, dass EU-Ausländer keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II oder XII haben, wenn sie sich gar nicht oder nur zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten dürfen. In einem am Dienstag bekanntgewordenen Beschluss stellt das Gericht nun klar, dass sich der Ausschluss auch auf aus dem Recht zur Arbeitsuche abgeleitete Aufenthaltsrechte für Familienangehörige, etwa zum Zwecke des Schulbesuchs durch Kinder des Arbeitsuchenden, erstreckt (Beschl. v. 08.08.2016, Az. L 3 AS 376/16 B ER)
Antragssteller waren ein bulgarisches Ehepaar. Die zwei Kinder der beiden besuchen eine Schule in Deutschland. Der Ehemann war nach der Einreise der Familie nach Deutschland im September 2014 zunächst als Möbel- und Küchenmonteur beschäftigt. Ab dem 1. Januar 2016 war er nach einer eigenen Kündigung arbeitslos.
Einen Antrag auf Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (Hartz IV) lehnte das Jobcenter ab. Der im Anschluss beim Sozialgericht (SG) Mainz gestellte Eilantrag des Ehepaares hatte zunächst Erfolg. Das SG verpflichtete das Jobcenter zur vorläufigen Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Auf die Beschwerde des Jobcenters hob das LSG die Verpflichtung nun aber wieder auf.
BSG-Rechtsprechung "überzeugt nicht"
Der Ausschluss von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II ergebe sich unmittelbar aus § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II, da der Ehemann allenfalls noch ein Recht zum Aufenthalt zum Zwecke der Arbeitsuche geltend machen könne und er insoweit ausdrücklich mit seinen Familienangehörigen vom Leistungsbezug ausgeschlossen sei. Das Ehepaar könnte auch keine Grundsicherung nach dem SGB XII (Sozialhilfe) verlangen, entschied das Gericht. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus dem Gesetz noch sei er durch das Grundgesetz oder Europäisches Recht geboten.
Einen Seitenhieb gab es wieder einmal in Richtung des Bundessozialgerichts (BSG). Dieses hatte Anfang des Jahres in einem kontrovers diskurtierten Urteil entschieden, dass EU-Bürgern bei einem Aufenthalt von mindestens sechs Monaten im Bundesgebiet Sozialhilfe gewährt werden müsse. Das überzeugte die die Mainzer Richter nicht. Es könne dahinstehen, ob auch insoweit bereits ein gesetzlicher Ausschluss vom Leistungsbezug nach § 21 Satz 1 SGB XII bestehe. Selbst, wenn dies nicht der Fall sei, stünde der Behörde nämlich jedenfalls ein Ermessensspielraum zu, der, anders als vom BSG angenommen, auch nicht auf Null reduziert sei ( vgl.§ 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII). Auch andere Sozialgerichte haben dem BSG bereits widersprochen.
acr/LTO-Redaktion
LSG Mainz bekräftigt Ablehnung der BSG-Rechtsprechung: . In: Legal Tribune Online, 23.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20362 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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