Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz empfiehlt, in Notsituationen Lebensmittel für 10 bis 14 Tage zu bevorraten. Muss Sozialhilfeempfängern deshalb mehr gezahlt werden, um Lebensmittel zu hamstern? Das LSG Hessen findet: nein.
Sozialhilfeempfänger haben in der Coronakrise keinen Anspruch auf zusätzliche Leistungen für die Bevorratung von Lebensmitteln. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht (LSG) im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Beschl. v. 08.05.2020, Az. L 4 SO 92/10 B ER). Die vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfohlene (Not-)Bevorratung für 10 bis 14 Tage in Zeiten der Corona-Pandemie führe nicht zu einem Mehrbedarf im Sinne des Sozialhilferechts, so das Gericht.
Ein schwerbehinderter Sozialhilfeempfänger aus dem Werra-Meißner-Kreis hatte Ende März 2020 eine sofortige Pandemie-Beihilfe in Höhe von 1.000 Euro sowie eine Erhöhung der Regelleistung um monatlich 100 Euro beantragt. Er könne wegen seiner chronischen Erkrankung und der Gehbehinderung nicht einkaufen gehen und sei auf Lebensmittellieferungen angewiesen. Sein Vorrat reiche nur für 4 Wochen. Aufgrund der Corona-Pandemie sei absehbar, dass die Versorgung mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln auch in Deutschland bald zusammenbrechen werde, argumentierte er. Die offiziell empfohlene Bevorratung sei ihm aufgrund seiner finanziellen Lage nicht möglich.
Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung nicht zu erwarten
Der Werra-Meißner-Kreis lehnte seinen Antrag auf Mehrleistungen jedoch ab. Eine Bevorratung sei nicht nötig. Ein örtliches Helfersystem unterstütze Bedürftige bei der Beschaffung von Lebensmitteln. Daraufhin beantragte der Sozialhilfeempfänger den Erlass einer einstweiligen gerichtlichen Anordnung.
Das LSG lehnte seinen Antrag nun ebenfalls ab. Ein akuter Mehrbedarf liege nicht vor, so das Gericht zur Begründung. Das Bundesamt rate ausdrücklich von einer Bevorratung größerer Mengen ab. Zudem sei einer Gefährdung der Lebensmittelversorgung nicht zu erwarten.
Das Gericht war auch nicht überzeugt, dass der Sozialhilfeempfänger die Kosten für die empfohlene Bevorratung aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht erbringen könne. Schließlich habe er sich bereits für die Dauer von 4 Wochen Vorräte angelegt. Ergänzend verwiesen die Richter darauf, dass aufgrund der Corona-Pandemie einige im Regelbedarf enthaltene Kosten – z.B. für Freizeit, Unterhaltung, Kultur, für Verkehr und für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen - derzeit nicht oder lediglich eingeschränkt anfielen.
acr/LTO-Redaktion
Sozialhilfeempfänger verliert beim LSG Hessen: . In: Legal Tribune Online, 08.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41567 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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