LG Nürnberg-Fürth zu Verkehrssicherungspflichten: Absper­rung muss auch nachts sichtbar sein

27.01.2020

Ein Achtjähriger rannte über eine Straße – und stolperte über eine graue Absperrkette am Straßenrand. Indem die Stadt die Kette nicht kenntlicher gestaltet hat, verletzte sie laut LG ihre Verkehrssicherungspflichten.

Sind Absperrketten am Straßenrand nicht ausreichend wahrnehmbar, ist die Verkehrssicherungspflicht verletzt. Das entschied das Landgericht Nürnberg-Fürth (LG) in einem vor Kurzem ergangenen Urteil (Urt. v. 10.12.2019, Az. 4 O 662/19).

Ein Achtjähriger ging abends im Dunkeln mit seinem Vater einen Gehweg entlang, als er auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Auto des Vaters auf einem Parkplatz entdeckte. Das Kind vergewisserte sich noch, dass kein Fahrzeug auf der Straße unterwegs war, und rannte dann los. Dabei übersah der Junge jedoch eine Kette, die entlang des Gehwegs gespannt war. Er stolperte über die Kette, stürzte und zog sich schwere Verletzungen zu. Er musste einen Monat lang im Krankenhaus behandelt werden, wurde mehrfach operiert und leidet bis heute an den Folgen der Verletzungen.

Der Junge klagte daher vor dem LG gegen die Stadt Fürth. Die Stadt hätte die Kette markieren oder besser beleuchten müssen. Die Stadt hielt dem entgegen, dass die Stelle, an der das Kind über die Straße lief, gerade nicht zur Überquerung gedacht sei. Deshalb hänge dort die Kette. Diese sei durch die Straßenlaternen auch gut erkennbar. Außerdem hätte der Vater den Achtjährigen an die Hand nehmen müssen und nicht einfach herumrennen lassen dürfen. Das klagende Kind treffe außerdem ein erhebliches Mitverschulden, da man im Straßenverkehr gehen und nicht rennen solle.

Ortstermin: Auch für Richter war die Kette schwer erkennbar

Das LG Nürnberg-Fürth gab der Klage zumindest teilweise statt. Das Gericht guckte sich die Gegebenheit vor Ort genau an und kam zum Ergebnis, dass sich die graue Absperrung bei Dunkelheit nur schwer von der ebenfalls grauen Straße abhebe. Die Stadt habe daher ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt. Sie hätte statt der grauen Kette beispielsweise eine rot-weiße Kette aufhängen sollen.

Das Gericht bestätigte aber trotz seines Alters ein Mitverschulden des Achtjährigen. Es handele sich nicht um einen Unfall im Straßenverkehr. Der Junge sei schlicht zu schnell gerannt. Den Vater treffe allerdings keine Pflicht, das Kind an die Hand zu nehmen. Mit acht Jahren müssten Kinder nämlich nach und nach zur Selbständigkeit erzogen werden. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Stadt Fürth Berufung beim Oberlandesgericht Nürnberg eingelegt hat. 

ast/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LG Nürnberg-Fürth zu Verkehrssicherungspflichten: . In: Legal Tribune Online, 27.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39917 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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