96-Jährige angeklagt: Pro­zess gegen mut­maß­liche Ex-Sek­re­tärin im KZ Stutthof beginnt

19.10.2021

Vor dem LG Itzehoe ist am Dienstag der Prozess gegen eine 96 Jahre alte mutmaßliche ehemalige Sekretärin des KZ Stutthoff gestartet. Die Anklage wirft ihr Beihilfe zum Mord und versuchten Mord in mehr als 11.000 Fällen vor. 

Im Prozess gegen eine mutmaßliche ehemalige Sekretärin im KZ Stutthof ist am Dienstag vor der 3. Großen Jugendkammer des Landgerichts (LG) Itzehoe die Anklage verlesen worden.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat die heute 96 Jahre alte Irmgard F. von Juni 1943 bis April 1945 in der Kommandantur des deutschen Konzentrationslagers bei Danzig gearbeitet. Ihr wird zur Last gelegt, als Stenotypistin und Schreibkraft den Verantwortlichen des Lagers bei der systematischen Tötung von Gefangenen Hilfe geleistet zu haben. Die Anklage wirft der damals Heranwachsenden Beihilfe zu mehr als 11.000 Fällen des Mordes und versuchten Mordes vor. Als Zivilangestellte im Dienst der SS-Totenkopfverbände habe sie sämtliche Schreiben des damaligen Lagerkommandanten Paul Werner Hoppe erfasst, sortiert oder abgefasst. Dadurch habe sie Kenntnis von allen Geschehnissen im Lager und von den Tötungsarten gehabt.

Die 96-Jährige wurde in einem medizinischen Rollstuhl in den Gerichtssaal in einem Logistikunternehmen geschoben. Zum eigentlichen Prozessbeginn am 30. September war die Angeklagte nicht erschienen. Sie war nach Angaben des Gerichts untergetaucht. Stunden später wurde die Frau von der Polizei in Hamburg festgenommen. Das Gericht erließ einen Haftbefehl. Nach fünf Tagen wurde die 96-Jährige unter Anordnung von Sicherungsmaßnahmen aus der Haft entlassen.

Die Angeklagte äußerte sich am Dienstag nicht zu den Vorwürfen. Ihr Verteidiger gab eine Erklärung zur Anklage gemäß § 243 Abs. 5 S. 3 Strafprozessordnung (StPO) ab. Der Prozess wird am nächsten Dienstag fortgesetzt. Dann soll in die Beweisaufnahme eingetreten werden durch die Vernehmung eines historischen Sachverständigen. 

Im KZ Stutthof und seinen Nebenlagern sowie auf den sogenannten Todesmärschen zu Kriegsende starben nach Angaben der für die Aufklärung von NS-Verbrechen zuständigen Zentralstelle in Ludwigsburg etwa 65.000 Menschen.

dpa/acr/LTO-Redaktion

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96-Jährige angeklagt: . In: Legal Tribune Online, 19.10.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46398 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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