Rechtsstreitigkeiten um "Manta Manta": Aner­ken­nung als Dreh­buch­autor ist Mei­nungs­äu­ße­rung

von Dr. Max Kolter

02.08.2023

Zoff um "Manta Manta": Drehbuchautor Stefan Cantz und Constantin Film streiten über die Rechte an der Fortsetzung des Klassikers. Constantin erkenne ihn nicht als Drehbuchautoren an, sagte Cantz. Das darf er, entschied nun das LG Hamburg.

"Wer hat's erfunden?", titelte die Süddeutsche Zeitung (SZ) am 1. Juni unter einem großen Foto von Tina Ruland und Til Schweiger aus dem Film "Manta Manta" von 1991. Anlass für den auch online verfügbaren Artikel ist eine Fortsetzung des Klassikers, der "zwote Teil", worüber am Landgericht (LG) München I ein Urheberrechtsstreit geführt wird. Fortsetzungen, Remakes und Spin-Offs sind zurzeit omnipräsent. Alt-Fans erleben ein Revival, Cineasten sind gelangweilt. Für die Original-Drehbuchautoren stellt sich die Frage: Inwiefern werden sie am Erlös der Neuauflage beteiligt?

Auch "Manta-Manta"-Autor Stefan Cantz streitet mit der Filmproduktionsfirma Constantin in München darüber, wer die schöpferische Leistung für die Geschichte des "Manta-Manta"-Originals erbracht hat, die für die Verwertungsrechte am "zwoten Teil" entscheidend sind. War dies Cantz, weil er – unstreitig – das Drehbuch niedergeschrieben hat, oder waren es die Produzenten, weil sie schon vor Beginn der Drehbucharbeiten den "Grundplot" entwickelt und die Hauptrollen besetzt hätten, wie Constantin sagt?

Neben diesem Hauptstreit bekämpfen sich die Parteien nun auch äußerungsrechtlich, denn bei Constantin stößt der eingangs erwähnte SZ-Artikel nicht auf Gegenliebe. Hier wird Cantz mit der Aussage zitiert, die Anwaltskanzlei von Constantin habe ihm mitgeteilt, "dass man ihn nicht als Drehbuchautor von 'Manta, Manta' anerkenne".

Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung?

Diese Passage hielt die Filmproduktionsfirma, vertreten durch Schertz Bergmann Rechtsanwälte, für eine unwahre Tatsachenbehauptung und ging im Eilverfahren gegen Cantz vor. Doch mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gegen Cantz, vertreten durch Baer Legal Rechtsanwälte, scheiterte Constantin jetzt vor dem LG Hamburg (Beschl. v. 31.07.2023, Az. 324 O 271/23).

Die Richter der Pressekammer stellten bereits die für äußerungsrechtliche Streitigkeiten grundlegende Weiche anders und stuften Cantz' in dem SZ-Artikel wiedergegebene Aussage als Meinungsäußerung ein. In dem Beschluss, der LTO vorliegt, heißt es: "In welcher Art und Weise eine Person an der Erstellung eines Drehbuchs und an der Ausarbeitung der ihm zugrunde liegenden Ideen beteiligt gewesen sein muss, um sie als 'Drehbuchautor' anzuerkennen, ist eine Frage des Meinens und Dafürhaltens."

Die Aussage sei im Kontext mit dem nachfolgenden Satz in der SZ zu lesen, wonach die Constantin-Anwälte nach Cantz' Darstellung behaupteten, "dass er das Skript mehr oder weniger diktiert bekommen und abgetippt habe".

LG unterscheidet zwischen "formaler Autorenstellung" und "inhaltlicher Autorenschaft"

Insgesamt verstehe der SZ-Leser Cantz' Aussage damit so, dass Constantin nicht dessen "formale Autorenstellung" bestreite, sondern seine "'inhaltliche' Autorenschaft" infrage stelle. Daher handele es sich um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung.  

Anders wäre wohl es gewesen, wenn Cantz in der SZ mit den Worten zitiert worden wäre, Constantin behaupte, Cantz habe das Drehbuch gar nicht geschrieben. Hier wäre dann eine Tatsache betroffen, nämlich: wer das Drehbuch zu Papier gebracht hat – das meint das LG mit "formaler Autorenstellung". Diese Tatsachenbehauptung wäre dann nur zulässig, wenn Constantin tatsächlich selbst eine solche Äußerung getätigt hätte.

Doch weil das LG hier eine Meinungsäußerung annahm, galt für die weitere Prüfung ein anderer Maßstab: Cantz' im Artikel wiedergegebene Aussage war nicht auf Richtigkeit bzw. Wahrheit zu prüfen, sondern darauf, ob hinreichende Anknüpfungstatsachen für die Meinungsäußerung vorlagen.

Dies bejahte die Hamburger Pressekammer und nahm dabei Bezug auf ein außergerichtliches anwaltliches Schreiben von Constantin, wonach nicht Cantz, sondern die Filmproduzenten die Erfinder des "Grundplots" von "Manta Manta" seien, weshalb ihnen die Rechte an dieser Kerngeschichte zustünden. 

Auch Antrag gegen Cantz' Rechtsanwalt erfolglos

Constantin ging nicht nur gegen Cantz, sondern auch gegen dessen Rechtsanwalt Dr. Stephan Bücker vor, der ebenfalls in dem genannten SZ-Artikel zitiert wird. "Unser Mandant bekommt seit über 30 Jahren Tantiemen von der VG Wort für diesen Film. Er wird in beiden Teilen als einziger Autor des ersten Teils genannt. Es ist völlig absurd, dass die Constantin über ihre Anwälte jetzt behauptet, er sei gar nicht der Autor", heißt es dort.

Constantins Antrag, Bücker diese und sinngemäße Äußerungen zu untersagen, lehnte die Pressekammer des LG ebenfalls per Eilbeschluss (v. 31.07.2023, Az. 324 O 270/23) ab, welcher LTO vorliegt. Auch diese Aussage wertete das Gericht als Meinungsäußerung. Das überrascht hier etwas mehr als bei der Cantz-Passage, denn während Cantz dort nur sinngemäß wiedergegeben wird und von der "Anerkennung" als Drehbuchautor die Rede ist, wird Bücker hier wörtlich zitiert mit dem Verb, das üblicherweise zur Einführung von Tatsachenangaben verwendet wird: "behaupten".

Dennoch blieb das LG Hamburg bei seiner grundlegenden Entscheidung, die Zu- oder Aberkennung der Drehbuchautorenschaft sei eine Meinungsäußerung. Hierfür sei erneut der Kontext maßgeblich, in dem die Passage stehe. Das Gericht verwies dabei auf die bereits genannten Aussagen von Cantz in dem Artikel.

Streit geht in die nächste Runde

Somit dürfen die Passagen in der SZ so stehen bleiben, was auch der Fall ist: Der Artikel lässt sich online weiterhin in der veröffentlichten Version abrufen. Cantz und seinen Anwälten bleibt damit erlaubt, sich so wie hier geschehen oder sinngemäß über den Urheberrechtsstreit mit Constantin in München zu äußern. Dementsprechend wertet Bücker die Beschlüsse als Erfolg, das LG habe der Meinungsfreiheit den Vorrang eingeräumt.

Constantins Anwälte dagegen halten die Einstufung beider Aussagen als Meinungsäußerung nach wie vor für falsch und kündigten auf LTO-Anfrage am Mittwoch an, sofortige Beschwerde einzulegen. Constantin habe Cantz' Urheberschaft am konkreten Drehbuch nicht bestritten, "sondern lediglich darauf hingewiesen, dass die Plotideen und auch die Figuren von den Produzenten vorbestimmt waren", so Rechtswanwalt Prof. Dr. Christian Schertz.

Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen. Relevanz könnten die Gerichtsbeschlüsse auch über den vorliegenden Fall hinaus haben. Denn die Frage, ob die Zu- oder Aberkennung der Drehbuch-Autorenschaft eine Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung ist, stellt sich überall dort, wo öffentlich über Urheberrechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Filmrechten berichtet wird.

Zitiervorschlag

Rechtsstreitigkeiten um "Manta Manta": . In: Legal Tribune Online, 02.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52393 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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