"Neukölln in Gaza verwandeln": "Geis­tige Brand­s­tif­tung" zieht Bewäh­rungs­strafe nach sich

20.06.2024

Eine Berlinerin verbreitete kurz nach dem Hamas-Angriff auf Israel einen Aufruf, Neukölln in Gaza zu verwandeln. 2022 leitete sie antisemitische Hetze weiter. Nun wurde sie dafür vom Landgericht verurteilt. Der Strauß an Delikten ist bunt.

Eine Berlinerin ist nach Gewaltaufrufen sowie Hass und Hetze in sozialen Medien im Kontext mit dem Nahostkonflikt verurteilt worden. Das Landgericht Berlin I verurteilte die Frau am Donnerstag zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und setzte eine Geldauflage von 600 Euro fest. Die 27-Jährige habe "geistige Brandstiftung begangen", so die Vorsitzende Richterin. 

Das Gericht hielt eine ganze Reihe von Äußerungsdelikten für erfüllt: Die Frau habe sich unter anderem der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (§ 111 Strafgesetzbuch, StGB), der Billigung von Straftaten (§ 140 StGB), der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 2 StGB) und des Verbreitens von Propagandamitteln terroristischer Organisationen (§§ 86, 86a StGB) schuldig gemacht.

Die Angeklagte hatte zugegeben, in den vier ihr zur Last gelegten Fällen aus den Jahren 2022 und 2023 Posts über soziale Medien weitergeleitet zu haben. Im Oktober 2023 hatte sie einen Beitrag und die Aufforderung geteilt, "Neukölln in Gaza zu verwandeln", alles anzuzünden und zu plündern und sich mit Steinen und Schlagstöcken auszustatten, um Polizeikräfte anzugreifen. Tatsächlich war es in der Folgenacht zu schweren Ausschreitungen gekommen.

Bereits im August 2022 hatte sie in den sozialen Medien einen Post weitergeleitet, der dazu aufforderte, Menschen jüdischen Glaubens beziehungsweise israelische Staatsangehörige zu töten.

Auch wer weiterleitet, verbreitet

Die Frau hatte erklärt, sie sei nicht Urheberin der Posts. Die Bilder habe sie "in der Schnelllebigkeit weitergeleitet". Sie habe nicht gewollt, dass Berliner Polizisten angegriffen würden. "Ich verurteile selbstverständlich die Hamas und deren Taten", sagte sie. Was sie getan habe, bereue sie sehr.

Aus der strafrechtlichen Verantwortlichkeit entließ die Frau das nicht. Auch das Weiterleiten ist ein öffentliches "Verbreiten" im Sinne der einschlägigen Delikte. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung sagte die Richterin zu der Berlinerin: "Das war klar antisemitisch. Sie sind nicht naiv. Sie gaben Hass einen Nährboden." Durch die Aussetzung auf Bewährung entgehe sie dem Gefängnis, aber das Urteil "bringt Sie hoffentlich davon ab, weiter so etwas zu verbreiten".

Der Staatsanwalt hatte auf eine Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten Haft plädiert. Die Strafe sei nicht zur Bewährung auszusetzen – "aus generalpräventiven Gründen". Der Verteidiger dagegen hatte auf eine Geldstrafe plädiert.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

dpa/mk/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

"Neukölln in Gaza verwandeln": . In: Legal Tribune Online, 20.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54824 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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