LAG Schleswig-Holstein: Kündigung ohne Frist und Schuld möglich

17.06.2011

Ein Sachbearbeiter war nach der Scheidung von seiner Frau psychisch zusammengebrochen und lange arbeitsunfähig. Später zeigte er im Job manisch-depressive Symptome. Nach mehrfachen Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten flog er aus dem Betrieb - fristlos und zu Recht, wie das LAG Schleswig-Holstein Anfang Juni urteilte.

Ausnahmsweise komme auch eine schuldlose Pflichtverletzung des Arbeitnehmers als wichtiger Grund in Betracht, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dem Arbeitgeber sei nicht zumutbar, die schuldlos verursachten Störungen des Betriebsfriedens und der betrieblichen Ordnung auch zukünftig hinzunehmen, entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG, Urt. v. 09.06.2011, Az. 5 Sa 509/10).

Dem 52-jähigen Kläger war fristlos gekündigt worden, nachdem er seine Vorgesetzte gezielt bloßstellen wollte und vermeintliche Intimitäten in deren Anwesenheit Kollegen gegenüber preisgab. Zuvor war er bereits wegen ähnlicher Äußerungen abgemahnt worden.

Während eines späteren Klinikaufenthalts wurde festgestellt, dass der Kläger manisch-depressiv war und etwaige Beleidigungen oder Verleumdungen schuldlos begangen hatte. Nach Ansicht der Richter änderte das jedoch nichts: Die Schuldlosigkeit des Klägers könne nicht die fristlose Kündigung verhindern. Andernfalls müsste der Arbeitgeber nämlich weitere Beleidigungen und Störungen des Betriebsfriedens dulden, was nicht zumutbar sei.

ssc/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

LAG Schleswig-Holstein: . In: Legal Tribune Online, 17.06.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3536 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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