Korruptionsverdacht im BAMF: See­hofer will Unter­su­chungen anordnen

23.04.2018

Eine ehemalige Mitarbeiterin des BAMF soll in mindestens 1.200 Fällen zu Unrecht Asyl gewährt haben. Bundesinnenminister Horst Seehofer will die Behörde jetzt auf "Systemmängel" untersuchen lassen und erwägt Reformen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer will den Korruptionsverdacht im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) genauestens prüfen lassen. "Ich werde in der nächsten Woche eine unabhängige Untersuchung anordnen", sagte er dem ZDF-Magazin Frontal 21 in München. "Ich möchte wissen, ob es hier Systemmängel gibt, die solche Dinge ermöglichen." Sollte es diese geben, müsse das BAMF reformiert werden.

Am Freitag war bekanntgeworden, dass die frühere Leiterin der BAMF-Außenstelle in Bremen von 2013 bis 2016 mindestens 1.200 Menschen Asyl gewährt haben soll, obwohl die Voraussetzungen nicht gegeben waren. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Frau und fünf weitere Beschuldigte wegen Bestechlichkeit und "bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung." In den meisten Fällen ging es laut Bremer Staatsanwaltschaft um kurdisch-sprachige Menschen, die angaben, Jesiden zu sein.

Seehofer sieht "schräge Entwicklungen"

"Der Vorfall hat seine Ursache in den Jahren 2013 bis 2016", erklärte Seehofer bei einem Auftritt vor den CSU-Bezirksverbänden Oberbayern und München. Er wolle die Mitarbeiter des BAMF nicht unter Generalverdacht stellen. "Es scheint aber offenbar schräge Entwicklungen gegeben zu haben."

Die Nürnberger Behörde hat darüber hinaus Probleme mit der Neutralität und der Qualifikation von Dolmetschern. So hat das BAMF allein 2017 die Zusammenarbeit mit 30 Dolmetschern "aufgrund von Verletzungen gegen den Verhaltenskodex" beendet. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor, über die zuerst die Bild-Zeitung berichtet hatte.

Was den Dolmetschern konkret zur Last gelegt wurde, geht aus der Antwort nicht hervor. Das BAMF selbst erklärte, man habe sich in der Vergangenheit wegen Verletzung der Neutralitätspflicht von "einzelnen Dolmetschern" getrennt, nannte aber keine genaue Zahlen.

BAMF stellte bereits tausende Dolmetscher frei

Laut Bundesinnenministerium wurden im vergangenen und in diesem Jahr weitere 2.100 Dolmetscher von weiteren Einsätzen für das BAMF ausgenommen. Dies sei "im Zuge der Etablierung eines erweiterten Qualitätssicherungskonzepts" geschehen.

Nach Angaben des BAMF müssen Dolmetscher seit dem Sommer 2017 in den häufigsten Zielsprachen ein C1-Sprachzertifikat für die deutsche Sprache nachweisen. Wegen dieser Voraussetzung habe sich die Zahl der eingesetzten Dolmetscher von rund 7.500 auf etwa 5.200 im Februar 2018 reduziert, erklärte die Behörde. Auf dem C1-Niveau werden ausgeprägte, tiefgehende Kenntnisse der deutschen Sprache erwartet.

Der mutmaßliche Korruptionsskandal bei der BAMF-Außenstelle in Bremen wirft noch viele Fragen auf. Auch das Motiv der Beschuldigten ist noch unklar. Nach Informationen der Braunschweiger Zeitung ging es der leitenden BAMF-Mitarbeiterin womöglich nicht um Geld. Auf ihrem Twitter-Account habe die Frau immer wieder Beiträge von Pro Asyl und dem Verein "Eziden Weltweit" geteilt, berichtete das Blatt.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Korruptionsverdacht im BAMF: . In: Legal Tribune Online, 23.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28231 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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